Friedensnobelpreisträger Liu Xiaobo: Kurzurlaub vom chinesischen Gefängnis
Der chinesische Friedensnobelpreisträger von 2010, Liu Xiaobo, durfte nach dem Tod seines Vaters kurz nach Hause. Der Menschenrechtsaktivist sitzt seit 2009 im Gefängnis.
PEKING afp | Die chinesischen Behörden haben dem inhaftierten Friedensnobelpreisträger Liu Xiaobo nach dem Tod seines Vaters einen Besuch bei seiner Familie gestattet. Der 55-Jährige sei am 18. September kurz aus dem Gefängnis zu einer Trauerfeier nach Hause gekommen, sagte sein Bruder Liu Xiaoxuan am Dienstag der Nachrichtenagentur AFP. Es sind die ersten Informationen über das Schicksal des Aktivisten seit über einem Jahr.
Liu besuchte sein Zuhause in der Region Dalian im Nordosten des Landes seinem Bruder zufolge am siebten Tag nach dem Tod des Vaters. Gemäß der chinesischen Tradition findet drei Tage nach dem Tod eines Angehörigen die Beerdigung statt, eine Trauerfeier im engsten Kreis wird dann am siebten Tag abgehalten.
Er dürfe aber keine detaillierten Angaben darüber machen, wie lange sich Liu zuhause aufgehalten habe und was er dort getan habe, sagte sein Bruder.
Der Menschenrechtsaktivist war im Jahr 2009 wegen Untergrabung der Staatsgewalt zu elf Jahren Gefängnis verurteilt worden. Seine Haft wird äußerst strikt gehandhabt, es gibt kaum Informationen über sein Schicksal. Im vergangenen Jahr wurde Liu Xiaobo mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet, konnte ihn aber nicht selbst entgegennehmen.
Die Regierung in Peking bezeichnet den Mitverfasser der Charta 08, die tiefgreifende politische Reformen in China fordert, als "Kriminellen". Am Freitag wird der diesjährige Träger des Friedensnobelpreises bekanntgegeben.
Am vergangenen Mittwoch wurde Liu nach Angaben seines Bruders von seinen Brüdern im Gefängnis im Nordosten Chinas besucht. "Er ist in guter körperlicher Verfassung", berichtete Liu Xiaoxuan. Zuvor habe im August auch die Ehefrau des Inhaftierten, Liu Xia, ihrem Mann einen Besuch abgestattet. Es waren offenbar die ersten Besuche für Liu Xiaobo in diesem Jahr. Seine Frau steht unter Hausarrest.
Nach Informationen der chinesischen Menschenrechtsgruppe CHRD, die die Besuche im Gefängnis bestätigte, wurde es der Familie Lius untersagt, darüber zu sprechen. Die Polizei sowie das chinesische Ministerium für öffentliche Sicherheit äußerten sich nicht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
Unterwanderung der Bauernproteste
Alles, was rechts ist
Außenministertreffen in Brüssel
„Europa spricht nicht die Sprache der Macht“