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Friede auf Erden, Bomben auf Bosnien

■ Angriffe auf Sarajevo und Mostar verstärkt Verhandlungsinitiative der EU gescheitert

Brüssel/Sarajevo (taz/AP) – Zum x-tenmal das gleiche Muster: Kaum steht Bosnien kurz vor einem Waffenstillstand, verstärken die Angreifer den militärischen Druck auf die eingeschlossenen Städte. Am Mittwoch hatte die bosnische Regierung mit den Führern von Serben und Kroaten eine Waffenruhe für die Weihnachtszeit vereinbart, doch wird sie wohl sowenig eingehalten werden wie Dutzende anderer zuvor. Statt ihre Angriffe einzustellen, verstärkten die Belagerer von Sarajevo und Mostar ihren Artilleriebeschuß, auch aus anderen Teilen des Landes wurden heftige Kämpfe gemeldet.

Gestern nachmittag wurden denn auch die Gespräche über eine allgemeine Friedensregelung in Brüssel ohne Ergebnis beendet. Damit hat die Friedensinitiative der EU neben der Weihnachtswaffenruhe – auf dem Papier – nur das kleine Zugeständnis von Serben und Kroaten erbracht, daß dem künftigen Bosnien „grundsätzlich“ ein Drittel des bisherigen Staatsgebietes zusteht. Als Deutschlands Außenminister Klaus Kinkel am Mittwoch nachmittag als erster den Verhandlungsort verließ, war die EU-Initiative im Grunde beendet. Das einzige, was die Gespräche in Brüssel von denen in Genf unterschied, war der geschlossene Aufmarsch der 12 Außenminister. Aber es konnte auch den Kriegsfürsten nicht verborgen geblieben sein, daß es in der EU große Meinungsunterschiede gibt, wenn es um die angedrohte Verschärfung der Sanktionen gegen Serbien oder Druck auf Kroatien geht. „Wir können niemanden zwingen“, meinte ein britisches Delegationsmitglied, „wir können nur die Gespräche zwischen den Betroffenen fördern.“ Unterdessen haben die serbischen Belagerer von Sarajevo schon seit Montag keine Lastwagen mit Hilfsgütern mehr durchgelassen, die Versorgung der Bevölkerung aus der Luft mußte Anfang der Woche für zwei Tage ausgesetzt werden. Aus diesem Grund sind die Lebensmittelvorräte extrem knapp, und die UNO kündigte an, die Piloten der Hilfsflugzeuge müßten wahrscheinlich auf den versprochenen Weihnachtsurlaub verzichten, um Lebensmittel nach Sarajevo zu bringen. Der Geschäftsführer der einzigen noch nicht zerstörten Bäckerei berichtete, es gebe nur noch 25 Tonnen Mehl, das reiche aus für 50.000 Brote. In Sarajevo müssen mehr als 300.000 Menschen versorgt werden. Dort schlugen gestern in den Morgenstunden Hunderte Geschosse ein, die Straßen waren fast menschenleer. Der bosnische Rundfunk berichtete von einer serbischen Offensive gegen Regierungstruppen auf dem Berg Zuc nördlich von Sarajevo und riet den Bewohnern, in den Wohnungen zu bleiben oder in Luftschutzkellern Zuflucht zu suchen. „Zumindest in Sarajevo gibt es keinen Waffenstillstand“, sagte UNO-Sprecher Idesbald van Biesebroeck. bois

Interview zum Ende des Friedensmarsches

durch Bosnien Seite 8

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