Ortskunde aufgemischt : Freunde suchen
Es war verwirrend, allein am Abend über den Festplatz Blücherplatz zu schlendern. In Raumklang 3D hörte man Gesprächsfetzen, tausend Stimmen, Reden, Gegenreden. Tausend Gesichter wischten an einem vorbei. Die meisten sahen gut aus. Am Rande plumpe Formen von Anmachen, die aber auch nicht so ganz ernst gemeint zu sein schienen, selten Streit; ab und an torkelten einem Betrunkene entgegen und man wich ihnen aus. Vom Balkon aus – ich wohn hier – war mir die Musik auf den Geist gegangen; mittendrin hörte es sich besser an.
Jemand fragte mich nach dem Weg. Er war wohl Südamerikaner und mit seinem Freund unterwegs. Sie hatten sich also mit anderen Freunden an diesem Boot verabredet. Zwar lebe er schon seit vier Jahren in Berlin, sei aber zum ersten Mal auf dem Karneval der Kulturen und wisse überhaupt nicht, wo dieses Schiff denn nun wäre. Mir fiel nur dies ehemalige Theaterschiff ein, das seit vielen Jahren im Urbanhafen vor sich hin verrottet.
Zehn Minuten lang führte ich die beiden also Richtung Blücherstraße. Der freundliche Südamerikaner erzählte, dass er in Buch wohne, und fragte mich, ob ich denn gar keine Freunde hätte, weil ich hier so allein herumlief. Ich log, ich sei nachher da oder da mit Freunden verabredet und schaute bekräftigend auf die Uhr. So gingen wir vielleicht zehn Minuten zusammen. Sein Freund hielt immer wieder da oder dort an, um junge Frauen anzusprechen, die dann lachten.
Ich führte die beiden zehn Minuten durch die Menschenmassen bis kurz vor die Zossener Straße, verabschiedete mich und ließ mich Richtung AGB treiben. Plötzlich stand ich vor diesem Holzschiff auf der Grünfläche zwischen AGB und Kurdenverein. Oje! Ich versuchte, die beiden wiederzufinden, und traf sie eine halbe Stunde später. Ein paar Minuten standen wir noch zusammen und scherzten.
DETLEF KUHLBRODT