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Kommentar (vgl. S.22)Fressen und Moral

■ Veganer müssen überzeugen wollen

Wer sich je auf ein Gespräch mit einem Zeugen Jehovas eingelassen hat, der kennt das Problem: Wo hört anerkennenswerte Prinzipientreue auf und wo fängt fanatischer Fundamentalismus an? Die befragten Veganer jedenfalls äußern durch die Bank vernünfige Einsichten und konsequentes Denken: Fleischkonsum und Schönheitsindustrie in den reichen Ländern töten in der Dritten Welt Tiere wie Menschen, treiben Raubbau an der Natur und quälen Tiere bis aufs Blut. Wer sich dagegen einsetzt und sich einer Teilnahme an diesen weltweiten Mechanismen zu entziehen sucht, verdient Respekt.

Zum Problem wird es da, wo eine Minderheit glaubt, die richtigen Argumente zu haben, um die Mehrheit zwingen zu können. Dem Schlachter vorzuschlagen, er solle einen Bioladen aufmachen: Das kann man denken, das kann man sagen, aber das kann man nicht umsetzen, indem man ihn ruiniert. Und es verfehlt das Ziel: Wir essen kein Fleisch, weil es Schlachter gibt, sondern andersherum. Wer wirklich was an den Zuständen und Eßgewohnheiten ändern will, muß langsam Überzeugungsarbeit leisten und dicke Bretter bohren. Veganer haben die besseren Argumente, aber leicht wird das dennoch nicht: Denn in Deutschland sind schon Revolutionen gescheitert, in denen es um wichtigere Dinge als um die Frage Fleisch- oder Pflanzenfresser ging. Für die Mehrheit gilt eben: Erst kommt das Fressen, dann die Moral. Bernhard Pötter

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