■ Frederic Prinz von Anhalt ist der beliebteste und renommierteste Adelige Deutschlands: Im taz-Interview klärt er darüber auf, wie gut adoptierte Adelige leben, warum sie besser sind als geborene – und was der „perverse“ Gatte der Caroline von Monaco dringend braucht:: „Der Ernst August braucht Prügel“
Eure Hoheit, Herr von Anhalt: Die Leser der taz wollen sich dem Adel nicht länger verschließen.
Richtig so. Jetzt muss man weiterarbeiten. Man muss die Leser überzeugen. Von den guten Seiten des Adels. Von den guten Seiten des Kapitalismus. Dass es anders nicht geht.
Was für Wege in den Adel gibt es?
Man lässt sich adoptieren oder heiratet ein. Sie können sich auch zum Ritter des Hauses schlagen lassen. Das macht ja die Queen.
Aber nur, wenn man sich um das Land verdient gemacht hat.
Ja, was für Verdienste sind das denn? Eine kleine Spende, die Sie machen und die sich jemand in die Tasche steckt. Wenn ich heute dem englischen Königshaus eine entsprechende Spende mache, kriege ich auch den Ritterschlag von der Königin. Oder einen Segen vom Papst. Also: viel Geld anschaffen.
Was ist erstrebenswert? Herzog? Ritter? Edler?
Das ist alles gering.
Also Hochadel?
Wenn ich Sie adoptiere, gehören Sie dem Hochadel an. Unser Haus war ja regierendes Haus.
Wenn die taz adoptiert ist, kann sie dann auch andere adeln?
Sicher. Sie können als Adoptierter immer weiter adoptieren.
Was kostet das normalerweise?
So was hat keinen festen Preis. Da gibt es Leute, die zahlen 100.000, andere eine halbe Million.
Was erwartet Neuadelige?
Der Titel ist ein spezielles Werkzeug. Der öffnet Türen und Tore. So kommen in eine andere Society rein, lernen ganz andere Leute kennen, werden von einer anderen Seite gesehen. Sie fangen eigentlich ein ganz neues Leben an.
Warum?
In Deutschland und besonders im restlichen Europa haben die Leute vor Adeligen mehr Respekt. Warum, weiß ich auch nicht.
Das klingt verheißungsvoll.
Tja. Die Frage ist nur: Können Sie das? Werden Sie damit fertig? Wissen Sie, ich steckte ja schon vorher im Luxus drin. Aber ich wollte mir ein bisschen Spaß machen, das Krönchen aufsetzen.
Und Geld?
Ich habe dadurch mehr Geld verdient. Aber mir ging's ja auch vorher besser als 90 Prozent aller Adeligen.
Was ist der nächste Schritt nach der Adelung?
Sie müssen mit dem Adelstitel auf die Leute zugehen. Sie dürfen nicht auf dem faulen Hintern sitzen. Das funktioniert nur, wenn sie regierender Adel sind. Aber das geht ja hier in Deutschland im Moment nicht.
Sie warnen?
Ich sage: Bei mir ist es nicht der Name, sondern die Person. Deshalb unterschreibe ich nie mit Prinz von Anhalt, sondern mit Frederic. So kennt man mich in Deutschland. Ich sehe mich als Markenartikel.
Leider gibt es offenbar Adelige, deren Markenname nicht ihr ungeteiltes Lob finden kann. Prinz Carl-Alexander von Hohenzollern wird schlicht „der geile Depp“ genannt.
Na ja. Verstehen Sie: Diese Leute zeigen ja nur, dass Adel nicht mehr ist, wie er früher war. Als es noch regierenden Adel gab, wurden die in die Verbannung geschickt – aufs Land.
Und heute liefern solche Leute Geschichten für die Yellow Press?
Deshalb bin ich gegen die Adeligen von heute. Adel hält nicht mehr zusammen. Dieser Mann muss Geld verdienen. Der sagt: Ich muss ja überleben, auch wenn es peinlich ist.
Könnte man ihm helfen?
Es gibt genügend Adelige, die sagen könnten: Du kriegst einen Job als Gärtner bei uns, aber bleib aus der Öffentlichkeit raus. Aber die wollen lieber das bisschen Geld, das sie haben, selbst verprassen.
Es gibt leider auch adelige Sozialhilfeempfänger.
Viele. Wissen Sie, meine Adoptivmutter hat mit Königen und Kaisern an einem Tisch gesessen. Die hatte eine Rente von 680 Mark im Monat und eine Sozialwohnung in Essen. Ich habe ihr dann monatlich eine Rente gezahlt von 2.000 Mark.
Da war die Freude sicher groß.
Von wegen. Da wurde ich natürlich auch angegriffen. Die Familie wollte, dass sie das rückgängig macht. Die sagten: Wir können uns doch um dich kümmern.
Das ist doch schön.
Moment. Dann hat meine Adoptivmuter gesagt: Dann gehen wir zum Notar und machen das schriftlich. Dann kam nichts mehr. Die Adeligen haben doch alle einen Igel in der Tasche.
Großzügigkeit ist doch eine Tugend des Adels.
Auf jeden Fall. Noblesse oblige. Das ist sogar eine Pflicht des Adels. Aber das tun die einfach nicht. Die leben immer noch in der Raubritterzeit.
Wie meinen?
Die meisten sind Faulenzer. Die sitzen zu Hause und glauben, man müsste ihnen alles schenken. Es gibt so viel Adelige, die ich selbst angesprochen habe. Weil ich durch meine Medienarbeit viele Leute kenne, die kommen und sagen: Ich würde auch gerne einen Titel haben. Kennst du niemand?
Natürlich kennen Sie jemand.
Natürlich. Dann besuch' ich die zu Hause und sehe, dass sie wirklich in niedrigen sozialen Verhältnissen leben. Ich sage: Sie können Ihr Leben total verändern. Warum adoptieren Sie nicht jemand?
Dann werden Sie bejubelt?
Im Gegenteil. Sie sagen: Nein.
Nein?
Die wollen lieber trocken Brot essen. Die sind alle zurückgeblieben. Der Adel müsste einfach mehr Verantwortung übernehmen.
Wie befördern Sie diese verständliche Ansicht?
Ich werde Anfang nächsten Jahres einen neuen Adelsverband gründen. Da wird nicht jeder Adelige reinkommen.
Sondern?
Erst mal nur adoptierte und angeheiratete Adelige.
Warum nur die?
Das sind die Leute, die sich adelig benehmen können. Wer sich heute einen Titel anschafft, ist ein Mann, der sich zuvor Vermögen angeschafft hat.
Es geht nicht mehr nach Bläuegrad des Blutes?
Na, gucken Sie sich doch mal diese Adeligen an. Wenn Ernst August von Hannover mit einem Schirm auf Leute losgeht, dann muss ich mich doch wundern.
Das ist nicht die adelige Art?
Nein. Das funktioniert natürlich so nicht. Und als der Ernst August dann noch eine Frau ans Schienbein getreten hat – das ist schon pervers. Der hat doch nichts im Kopf.
Er kommt folglich nicht in Ihren Verband?
Überhaupt gar nicht. Wer eine Frau tritt ... das sind doch arme Irre.
Was kann man da tun?
Wissen Sie, was der Ernst-August braucht? Eine Tracht Prügel.
Aber wer ist würdig, die Prügel Seiner Hoheit angedeihen zu lassen?
Da stelle ich mich gern zur Verfügung. Der Ernst August hat dem deutschen Adel damit in Amerika sehr geschadet. Wissen Sie, die neuen Adeligen sind einfach besser, die haben Köpfchen, die wissen sich zu benehmen, die haben einen adeligen Auftritt.
Wen könnten Sie sich als neuen, modernen Adeligen noch vorstellen? Dieter Bohlen?
Bohlen? Der Name ist so gut wie Henkel. Der braucht wirklich keinen adeligen Titel.
Bohlen von Halbach?
Na gut. Das sind tatsächlich Leute wie Dieter Bohlen, die sich so viel Geld angeschafft haben und sagen: Mensch, was könnte ich jetzt noch machen? Es ist also möglich, dass er irgendwann losrennt und sich etwas holt.
Und für seine Lebensgefährtin Nadja Ab del Farrag gleich mit?
Wissen Sie, ich habe das sehr verurteilt, diese Geschichte in „Peep!“, dass sie damals den Bundeskanzler mit reingezogen hat. Pervers. Das macht man nicht. Seitdem ist die bei mir unterm Tisch.
Nachdem in ihrer Sendung „Peep!“ eine Kanzlerpuppe als geschmackloses Sexualmonster dargestellt wurde, haben Sie den Kontakt abgebrochen?
Na, da war nie ein großer Kontakt. Aber ich kenne Bohlen, ich kenne Naddel. Die hatte wahrscheinlich Angst um den Job. Ganz gleich, ob man ihn politisch oder persönlich nicht mag: Er ist der Kanzler, ihn hat jeder zu respektieren.
Für eine Adoption oder Einheiratung kommt Ab del Farrag nicht mehr in Frage?
Nein, die kommt für den Adel nicht mehr in Frage. So was geht überhaupt gar nicht.
Könnte man nicht Schröder durch Adeln optimieren?
Den Bundeskanzler adeln? Der hat mir mal imponiert. Hat sich seine Späße erlaubt mit seinen Frauen. Das war ein Mann aus dem Leben. Aber dann hat sich das ja total verändert.
Schröder raucht immerhin Cohiba, 60 Mark das edle Stück.
Na, sehen Sie mal, der Clinton raucht auch Zigarre, diese hier, die ich gerade rauche, die Punch. Die ist eigentlich besser als die Cohiba. Die Snobs in Deutschland rauchen nur deshalb Cohiba, weil das Gelbschwarz der Banderole schon von weitem ins Auge sticht. Damit alle sehen: Ooh, er raucht eine kubanische Zigarre. Aber Punch is better.
Die IG Metall hat gefordert, er solle Zigarillo rauchen. Aber was weiß die Arbeiterklasse?
Nein, nein. Ich kann nicht in so einer Partei sein und eine Cohiba rauchen. Die kostet nicht nur 60, wie Sie denken, die kostet ja 80 Mark. Wenn er zwei oder drei am Tag raucht, dann ist das ein Batzen Geld.
Na und?
Das muss ja nicht sein. Das ist Schauspiel. Wissen Sie, ich bin oft in der DDR gewesen, schon vor dem Mauerfall. Ich bin da nicht im dicken Rolls Royce rüber, sondern mit der S-Bahn. Man darf die Leute nicht vorführen. So habe ich mir da einen guten Namen gemacht.
Früher wurden die Herrscher noch durch Gott eingesetzt.
Da war das Regieren auch einfacher. Da hatten die Menschen noch Disziplin, da mussten sie alles nur einmal sagen. Heute gibt das ja nicht mehr. Das ist Demokratie. Tja. Demokratie ist ein teures System. Das teuerste überhaupt.
Was schlagen Sie vor?
Da wäre es doch besser, wenn wir in Deutschland wieder mal eine Monarchie schaffen würden. Für ein paar Jahre.
Parlamentarische Monarchie?
Konstitutionelle, natürlich.
Eine spaßige Monarchie?
Wo denken Sie hin? Die haben wir ja in England.
Inwiefern?
Das ist doch ein Kasperletheater. Die Monarchie muss auch regieren. Nicht nur als Marionette da sein. Die Queen ist doch zum Regieren unfähig.
Welcher Weg führt aus dem Dilemma?
Vielleicht werde ich eine monarchistische Partei gründen. Die würde viele Anhänger haben. Das habe ich im Hinterkopf.
Sie stellen sich als Monarch zur Verfügung?
Ich bin für eine Aufteilung: Einer regiert, einer macht die Show. Das wollen die Leute. Nehmen Sie Jesse Ventura, mit dem ich im World Gym von Santa Monica jeden Morgen trainiert habe: Plötzlich wird er Gouverneur. Wenn ich den Fernseher einschalte, will ich den sehen. Im Kabinett brauchen die einfach Showmänner, bei denen die Leute einschalten.
Schröder ist für jede Show zu haben.
Schröder ist kein professioneller Showman, sonst würde er auch richtig regieren. Aber er macht einfach nur eine kleine Show. Nein, nein, Schröder muss auch weg. Kohl, Reagan, Clinton, Schwarzenegger, Ventura: Das sind Leute, die etwas von Show verstehen.
Herr von Anhalt, vielen Dank für dieses Gespräch.
Interview: Stefan Kuzmany und Peter Unfried
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