■ Frauenpower durch Frauenmauer: 8. März ist Baubeginn
Ich kam als Junge auf die Welt. Die Frauenbewegung vermisse ich aber trotzdem. Nicht etwa, weil ich wegen meiner geschlechtlichen Herkunft ein schlechtes Gewissen hätte (die Zeiten sind vorbei), sondern weil die vor Jahren geführten Gespräche über mein männliches Gehabe das Bewußtsein über mein Verhalten geschärft haben. Wie also kriegen wir die Frauen wieder in Bewegung?
In Berlin gibt es für neue Frauenpower eine einzigartige Chance: Bauen wir die Mauer wieder auf (die sowieso viele vermissen) – nicht für den Wettkampf politischer, sondern geschlechtsspezifischer Systeme! Die Frauen ziehen in den Ostteil, die Hauptstadt der Damen-Demokratischen-Republik (DDR), und die Herren der Schöpfung rufen im Westteil die Bubenrepublik Berlin (BRB) aus. Allein schon, daß Männer ihre Angehimmelte vor Mitternacht verlassen müßten, weil sonst die mürrischen Grenzerinnen am Übergang Friedrichstraße die Wiedereinreise ins Matriarchat verbieten könnten, würde beiden Lebensabschnittspartnern die gemeinsame Zeit wertvoller erscheinen lassen. Aber vor allem könnte die „bessere Hälfte“ endlich beweisen, daß sie zu Recht diesen Anspruch für sich vereinnahmt: Geld abschaffen, für jede Tochter einen Kitaplatz, Küsse statt Todesschüsse, und auch die Stasi würde nur noch mit den Waffen einer Frau kämpfen. Die Männer könnten auf der anderen Seite zeigen, was ein wirkliches Patriarchat wäre: Prügeln statt Palavern, Führerschein für den Sohnemann ab 14 Jahre, Zwangsdienst bei der Polizei. Oder käme alles anders? Mit einer Mauer werden wir die Antwort finden – nur mit einer steinernen Geschlechtergrenze würde der Geschlechterkampf grenzenlos. Dirk Wildt
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