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Frauenfreundin WührmannChefin als Betriebsrat

■ Wührmann am Brill ist Bremens frauenfreundlichster Betrieb

Seit 1977 führt Karin Wührmann die drei Wührmann-Häuser in Bremen, Vegesack und Oldenburg. Ab heute darf ihr Betrieb in der ansonsten weitgehend gütesiegelfreien Betten-Branche, das Prädikat „Frauenfreundlicher Betrieb“führen. Im Landeswettbewerb stach die Firma 15 Mitstreiter um den mit 10.000 Mark dotierten ersten Preis aus. Die Zahl der Wettbewerber um den Preis hat sich seit seiner Premiere 1994 damit verdoppelt. Daß eine Firmeninhaberin aber nicht Feministin zu sein braucht, um „Frauenfreundlichkeit“zu beweisen, verriet Karin Wührmann (56) der taz im Interview.

taz: Was zeichnet Sie als Frauenfreundin aus?

Ich bin als Chefin vielleicht etwas toleranter im Umgang mit Menschen. Im Betrieb handhabe ich den Umgang mit den Mitarbeitern als ein Geben und Nehmen. Das trägt wohl auch zum effektiven Betriebsklima bei.

Drei Viertel ihrer 73 MitarbeiterInnen sind weiblich, 33 Angestellte arbeiten schon über 11 Jahre im Betrieb. Eine gute Quote?

Das ist branchenspezifisch. Unsere Produkte werden traditionell besser von Frauen als von Männern verkauft.

Frauen gelten häufig noch als „Organisationsrisiko“: kriegen Kinder, fehlen dann als Mütter in den Erziehungszeiten oder wenn die Kinder krank werden... Wie finden Sie sowas?

Das ist eine rückständige Meinung. Frauen sind genauso gut in Führungspositionen wie Männer. Und sie haben heute die Möglichkeiten, Kinder in Kindergärten oder bei den Großeltern unterzubringen. Wenn's mal nicht klappt, gut, dann muß man eine Lösung finden.

Sie bekommen 10.000 Mark. Was passiert damit?

Das weiß ich noch nicht. Wir schreiben das im Betrieb aus, so daß sich jeder äußern kann, was damit gemeinnützig gemacht werden soll.

Sie sind ein frauenfreundlicher Betrieb – und haben keinen Betriebsrat. Was hat das zu bedeuten?

Bei uns stimmt das Betriebsklima. Ich bin für meine Mitarbeiter auch immer ansprechbar. Wir versuchen auf die Belange einzugehen – und ich denke, nichts anderes tut ein Betriebsrat. Der setzt sich ja auch nur für die Mitarbeiter ein.

Ein Grund, warum Wührmann den 1. Preis gemacht hat, liegt in der hohen Anzahl älterer Beschäftigter.

Ja, wir haben sieben Langzeitarbeitslose in den Betrieb integriert, um wieder Fachkräfte zu bekommen.

Dabei haben Sie auch Unterstützung durch das Arbeitsamt bekommen. Wenn man schlau ist, greift man darauf zurück, zumal im Einzelhandel ja keine Blumentöpfe zu gewinnen sind.

Ja, gut, aber Sie wissen auch, daß man nicht mit allen etwas anfangen kann. Man muß sich die Leute raussuchen und wir haben eben Glück gehabt damit. Wir brauchten von den eingestellten Frauen keine wieder entlassen. Außerdem haben Sie die Familienphase oft schon hinter sich. Jüngere Mitarbeiterinnen bekommen Kinder, das ist der normale Ablauf, und fallen im Handel für bestimmte Zeit aus. Fragen: Eva Rhode

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