Frauen in der Forschung: "Kein Gleichstellungs-TÜV"
15 Prozent Professorinnen bis 2013 wären denkbar. Aber die Deutsche Forschungsgemeinschaft zuckt vor einer Quote zurück. Was bleibt dann?
BERLIN taz Frauen sollen künftig in der Wissenschaft gleiche Chancen haben. Das forderte der Präsident der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), Matthias Kleiner, am Donnerstag. Karrierewege für Frauen in der Forschung seien steiniger und endeten oft früher als die von Männern, so Kleiner. Derzeit entfallen in Deutschland nur 40 Prozent aller Promotionen auf Frauen. Nach dem Doktortitel geht die Schere noch weiter auseinander: Der Frauenanteil bei den Habilitationen beträgt 20 Prozent, und nur 10 Prozent Frauen erhalten eine volle Professur. "Das ist beschämend für das deutsche Wissenschaftssystem und eine Verschwendung intellektueller Ressourcen", sagte Kleiner. In den letzten Jahren sei hier kein großer Durchbruch passiert.
Die DFG will deswegen "forschungsorientierte Gleichstellungsstandards" einführen, die ihre Mitglieder - Universitäten und Forschungseinrichtungen - selbstverpflichtend umsetzen sollen. Bis zum Jahr 2011 sollen erste Zwischenberichte vorgelegt werden und bis 2013 Ziele erreicht sein. Kleiner schlug vor, dass der Frauenanteil bei den vollen Professuren in den nächsten fünf Jahren von 10 auf 15 Prozent steigt. Feste Vorschriften wird es aber nicht geben - alle Unis und Institute können die Umsetzung der Gleichstellungsstandards freiwillig und selbstverpflichtend bestimmen. Nur positive Beispiele sollen herausgestellt werden, niemand werde bei Nichterreichung der eigenen Ziele "an den Pranger gestellt", so Kleiner. Auch eine Berichtspflicht gegenüber der Politik wird es nicht geben. Man sei kein "Gleichstellungs-TÜV", so Kleiner.
Damit zeigt sich, wie sehr die DFG-Mitglieder ihre Autonomie behalten wollen. Quoten sind indiskutabel, und auf der Jahresversammlung konnten sich 14 von 86 abstimmenden Mitgliedern nicht einmal dazu durchringen, die lockeren Gleichstellungsideen zu befürworten. Welche Hochschulen und Institute das seien, wollte DFG-Chef Kleiner nicht preisgeben.
Vielmehr schlägt die DFG ein sogenanntes Kaskadenmodell zur Förderung von Frauen vor. Hierbei soll jede Einrichtung zumindest versuchen, auf jeder Ebene, vom Doktoranden zur Professur, Ziele zu formulieren, die über der jeweils unteren Ebene liegen. Beispiel: Sind in einem Jahrgang kaum Studentinnen eines Fachbereichs, muss auch in der Doktorandenstufe wenig Frauenanteil herrschen. Gibt es aber etwa eine Mehrheit von Doktorandinnen, sollte möglichst auch der Anteil an Habilitationen von Frauen in der Stufe darüber angehoben werden. Freiwillig, versteht sich.
Auch bei der Vergabe von Forschungsmitteln durch die DFG sind Frauen noch lange nicht gleichgestellt. Forscher und Forscherinnen können Anträge für ihre Projekte an die DFG stellen, die dann bewilligt werden - allerdings bisher ohne eine Berücksichtigung von Gleichstellungsprinzipien. 2007 gingen daher insgesamt nur rund 14,5 Prozent der Mittel an wissenschaftliche Projekte von Frauen, die Zahl ist damit im Vergleich zum Vorjahr sogar um 1 Prozentpunkt gesunken. In den Natur- und Ingenieurwissenschaften liegen die Zahlen sogar bei erschreckenden 7 bis 8 Prozent. Allein in den Lebenswissenschaften, etwa Biologie und Medizin, stieg die Vergabe von Fördermitteln an Frauen von 18,7 auf 20,9 Prozent.
Auch im Bereich der Mittel sind allerdings keine Quoten geplant. Der Grund: Man wolle sicherstellen, dass ein "exzellentes Projekt" nicht daran scheitern soll, " dass Wissenschaftlerinnen nicht beteiligt sind", so Kleiner.
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