Frauen in Saudi-Arabien: Mit dem Auto in Richtung Freiheit
Frauen wehren sich gegen das Fahrverbot. Nach ihrer ersten koordinierten Aktion gegen das Verbot wollen sie weitermachen. Einige Männer unterstützen sie nach Kräften.
BAGDAD taz | Selten hat sich ein Mann in Saudiarabien vermutlich so sehr über die Veröffentlichung eines Fotos seiner Frau gefreut wie Walid Abu Alkhair. Am Freitag drückte Alkhair seiner Frau Samar al-Bedawi den Schlüssel seines Wagens in die Hand und fuhr mit ihr durch Jidda, er immer schön auf dem Beifahrersatz. Am Samstag war das Foto in der panarabischen Zeitung al-Hayat. Das sei großartig, sagte Alkhair gegenüber dieser Zeitung. "Es ist der erste Schritt in die Freiheit."
Aktivistinnen und Aktivisten hatten am Freitag zum "Tag des Autofahrens" aufgerufen. Es war die erste konzertierte Aktion gegen das herrschende Fahrverbot für Frauen. Laut Alkhair setzten sich landesweit mehr als fünfzig Frauen ans Steuer. Der Menschenrechtler ist zufrieden. "Andere Frauen werden jetzt Mut fassen."
Ins Rollen gebracht hatte die Aktion Manal al-Sharif, die im Juni ein Video veröffentlicht hatte, das sie beim Autofahren zeigt. Daraufhin landete sie im Gefängnis. Neun Tage später kam sie wieder frei, musste aber unterschreiben, sich künftig an das Verbot zu halten. Doch immer mehr Frauen wehren sich. Vor einer Woche wurden fünf junge Frauen festgenommen, allerdings schnell wieder freigelassen.
Ein Gesetz, das Frauen das Autofahren verbietet, gibt es nicht. Doch im erzkonservativen Establishment sieht man darin einen Sittenverfall. Männer haben gedroht, Frauen zu verprügeln, wenn sie sie erwischen. In den Moscheen sehen Prediger bereits Sodom und Gomorrah aufziehen, wenn sich Frauen alleine in der Öffentlichkeit bewegen können. In Jidda beschimpften Geistliche am Freitag Samar al-Bedawi als Schlampe. Ihren Mann beeindruckt das nicht. "Sie wollen, dass Saudiarabien ein Gefängnis bleibt", sagt Alkhair.
Alkhair glaubt, dass die internationale Empörung über die Verhaftung von Sharif Wirkung gezeigt hat. "Auf unserer Fahrt ins Stadtzentrum sahen uns auch Polizisten", sagt Alkhair. "Aber keiner hielt uns an." Auch in anderen Städten sind die Sittenwächter offenbar nicht eingeschritten. Statt ins Gefängnis zu wandern, erhielt in Riad erstmals eine Frau einen Strafzettel. Statt sich zu ärgern, jubelte die Aktivistin Maha al-Kahtani darüber. Sie werde sich den Strafzettel einrahmen und aufhängen, erklärte Kahtani. "Die Befreiung der Frauen beginnt beim Autofahren", sagte Alkhair.
Am Samstagabend gab seine Frau als erste Fahrerin sogar ein Fernsehinterview. Egal, was andere sagen, sie werde sich auch künftig ans Steuer setzen, sagte Bedawi auf al-Dschasira. Alkhair will seine Frau auch weiterhin nach Kräften unterstützen. "Ich habe ihr gesagt: Nimm den Autoschlüssel und fahr, wann immer du willst", sagt er. "Ruf mich aus dem Gefängnis an, wenn sich dich festnehmen."
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