Das Portrait: Frau mit gründlich ruiniertem Ruf
■ Benazir Bhutto
Im Ausland wurde sie gern als weibliche Hoffnungsträgerin gesehen, doch in ihrer Heimat galt sie vor allem als Tochter ihres Vaters. Aus der Sicht vieler Pakistaner ist Benazir Bhutto nie aus dem Schatten von Zulfikar Ali Bhutto herausgetreten – vielleicht wollte sie es auch nicht, weil sie wußte, daß sie sonst als Frau an der Spitze eines islamischen Staates noch weniger Chancen gehabt hätte.
Vor seiner Hinrichtung im Jahr 1979 bat der von den Militärs gestürzte Zulfikar Ali Bhutto seine Tochter, sein politisches Erbe anzutreten. Für die damals 26jährige bedeutete das Verhaftungen, Hausarrest und der Weg ins britische Exil.
1986 kehrte Bhutto, von der Bevölkerung bejubelt, in ihre Heimat zurück. Als 1988 vermutlich eine Bombe das Flugzeug des Diktators Zia ul-Haq zerriß, war Bhuttos Stunde gekommen. Mit ihrer Pakistan People's Party (PPP) gewann sie im gleichen Jahr die Wahlen und wurde die erste Premierministerin eines islamischen Staates.
Doch die Freude währte nur kurz. Um an der Macht zu bleiben, mußte Bhutto Konzessionen an die Militärs machen. Von ihrem Versprechen: „Alle Macht dem Volke“, blieb für das Volk nichts übrig.
Bhutto entpuppte sich als Frau der Bhutto-Familie. Der alteingesessene Clan aus der Provinz Sind hatte die PPP praktisch zum Familienunternehmen gemacht. Nach nur 20 Monaten an der Regierungsspitze wurde sie abgesetzt. Begründung: „Korruption und politische Inkompetenz“.
Bhutto sprach von einem „Putsch“ und stilisierte sich zur Freiheitskämpferin. Doch vergeblich: Bei den Parlamentswahlen 1990 mußte die PPP eine herbe Niederlage einstecken. Vor drei Jahren schaffte Bhutto es bei Parlamentswahlen wieder knapp an die Staatsspitze – gegen die Islamische Demokratische Allianz, ein Zusammenschluß islamistischer Parteien.
Doch in den folgenden Jahren mehrte sich die Opposition gegen Bhutto. In den vergangenen Wochen kam es zu Massenprotesten. Streiks legten das öffentliche Leben Pakistans praktisch lahm. Gestern wiederholte sich für die mittlerweile 43jährige Mutter von drei Kindern dann die Geschichte. Präsident Faruq Leghari setzte sie ab. Begründung: „Korruption und Mißwirtschaft“. An dem so gründlich ruinierten Ruf wird auch der Schatten des Vaters nichts mehr ändern können. Thomas Dreger
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen