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Französischer Wahlkampf bei deutschen Grünen

■ Der Frankfurter Stadtrat für Multikultur mischt im französischen Regionalwahlkampf mit/ Wirbel um Bruder Gabriel

Frankfurt/Main (taz) — Mit seinem Wahlkampfeinsatz für die von seinem alten Kampfgefährten aus 68er Zeiten, Brice Lalonde, gegründete Partei „Génération Ecologie“ habe sich Daniel „Dany“ Cohn-Bendit, unzulässigerweise in die inneren Angelegenheiten eines anderen Landes eingemischt. Dieser Auffassung ist zumindest der Bundesvorstand der Grünen, der dem Parteimitglied Cohn-Bendit (Multikulturdezernent der Stadt Frankfurt am Main) vorwarf, mit seinem Auftritt für Génération Ecologie die französische Schwesterpartei der deutschen Grünen, „Les Verts“ extrem düpiert zu haben.

Mit dem Verweis auf den „stalinistischen Charakter“ von Les Verts wies Cohn-Bendit gestern die Anschuldigungen zurück. Der Vorstand könne ihm „den Buckel runterrutschen“. Mit ihrer fundamentalistischen Grundhaltung hätten die französischen Grünen vor allem den linksliberalen Bürger und den Intellektuellen die „kalte Schulter“ gezeigt. Cohn-Bendit: „Die Grünen in Frankreich sind unfähig, Kompromisse zu schließen oder Bündnisse einzugehen — „und das in Zeiten, in denen die Nationale Front gerade in den Regionen an Boden gewinnt.“ Daß Brice Lalonde von Génération Ecologie als französischer Staatsminister einem Kabinett angehört, das nicht nur der friedlichen Nutzung der Atomenergie unkritisch gegenübersteht, ist auch für Cohn- Bendit „ein Problem“.

Der Wahlkampf von Génération Ecologie wird zur Zeit von einer landesweiten Debatte um eine inzwischen dementierte angebliche Äußerung von Gabriel Cohn-Bendit überschattet, der in Nantes auf dem letzten Listenplatz kandidiert. Vor mehr als fünfzehn Jahren soll der Bruder von Dany Cohn-Bendit die Existenz von Gaskammern während der Nazi-Diktatur bestritten haben. Parteichef Lalonde forderte deshalb den Rücktritt von Gabriel Cohn-Bendit von der Regionalliste. Auf einer Pressekonferenz hat Gabriel Cohn-Bendit gestern erklärt, daß er sich seinerzeit lediglich dafür eingesetzt habe, daß in einer freien Gesellschaft keinem Menschen ein Maulkorb umgehängt werden dürfe — auch dann nicht, wenn etwa der Historiker Faurisson die Existenz der Gaskammern leugnen sollte. In Nantes haben sich die Mitglieder von Génération Ecologie inzwischen mit großer Mehrheit für den Verbleib von Gabriel Cohn-Bendit auf der Liste ausgesprochen. Klaus-Peter Klingelschmitt

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