piwik no script img

Frankreich schützt KommunikationsfreiheitInternetsperre für Raubkopierer gekippt

Frankreichs oberste Verfassungshüter haben die umstrittene Internetsperre für Raubkopierer gekippt. Die Strafe widerspreche der in den Menschenrechten festgegten Kommunikationsfreiheit.

Wer illegal urheberrechtlich geschützte Musik oder Filme im Internet herunterlädt, sollte laut Gesetzentwurf erst verwarnt werden, danach sollten Netzsperren verhängt werden. Bild: dpa

PARIS ap | Der französische Verfassungsrat hat ein Gesetz für rechtswidrig erklärt, das Raubkopierer vom Internet aussperrt. Das im Mai verabschiedete Gesetz verstoße gegen die Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte von 1789, befanden die Verfassungshüter am Mittwochabend in Paris. Gleichwohl kündigte die Regierung an, sie wolle an dem umstrittenen Gesetz festhalten.

Das erst im zweiten Anlauf von der Nationalversammlung verabschiedete Gesetz führt eine neue Behörde ein, die Haute Autorité pour la Diffusion des Oeuvres et la Protection des Droits sur Internet, kurz Hadopi genannt. Wer illegal urheberrechtlich geschützte Musik oder Filme im Internet herunterlädt, soll von dieser Behörde zunächst mit zwei E-Mails, dann per Einschreiben verwarnt werden. Danach kann die Behörde nach dem bisherigen Gesetzestext Netzsperren für die Dauer von zwei Monate bis zu einem Jahr verhängen.

Der Verfassungsrat urteilte, dies sei eine so schwerwiegende Sanktion, dass sie nicht von einer Behörde, sondern allenfalls von einem Richter verhängt werden könne. Das Internet habe eine so hohe "Bedeutung für die Mitwirkung am demokratischen Leben und der Äußerung von Ideen und Meinungen", dass eine Netzsperre einen Verstoß gegen Artikel 11 der Menschenrechtserklärung von 1789 darstelle.

Kulturministerin Christine Albanel kündigte nach dem Spruch der "Verfassungsweisen" an, dass sie Staatspräsident Nicolas Sarkozy und Premierminister François Fillon vorschlagen werde, das Gesetz entsprechend zu gestalten, dass die vorgesehene Strafe von einem Richter verhängt werden könne. Während die Sozialistische Partei den Spruch des Verfassungsrats als Bestätigung für ihre Kritik an dem Gesetz werteten, sagte Franck Riester von der konservativen Regierungspartei UMP, dies ändere nichts an der eigentlichen Zielrichtung des Gesetzes. "Die Warn-E-Mails werden von Hadopi verschickt. Die letzte Entscheidung wird dann einfach von einem Richter ausgesprochen."

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

4 Kommentare

 / 
  • KI
    karl ilnyzckyj

    Paris, den 14.06.2009

    "Wer illegal urheberrechtlich geschützte Musik oder Filme im Internet herunterlädt, soll von dieser Behörde zunächst mit zwei E-Mails, dann per Einschreiben verwarnt werden..." schreibt die TAZ.

    Dies ist so nicht richtig. Die französische UMP-Regierung hat eigens für dieses Gesetz einen neuen Straftatbestand eingeführt: die ungenügende Absicherung seines Internet-Zuganges.

    Also nicht der "Räuber" soll büssen, sondern der Abonnent des Internet-Anschlusses.

  • G
    Gerngroß

    @Ben: Das hab ich mir auch gerade gedacht aber um so etwas wie sprachliche Exaktheit schert sich doch eh keiner mehr, siehe "humanitäre Katastrophe", ist halt verdammt schwer ordentlich aus dem englischen zu übersetzen wenn man weder der englischen noch der deutschen Sprache wirklich mächtig ist.

     

    Ich bin jedenfalls gespannt wie das weitergeht und wann entsprechende Gesetzentwürfe bei uns auf dem Tisch liegen das wäre doch was für Zensursula wer dreimal auf einem Stoppschild landet... oder so ähnlich.

  • B
    Ben

    Auch die TAZ schreibt schön die affige Bezeichnung in die Überschrift. Schade eigentlich. Sowas wie eine Raubkopie gibts nicht. Raub hat immer was mit Gewalt oder Gewaltandrohung zu tun. Ich hab noch keinen Raubkopierer gesehen, der mit vorgehaltener Waffe den Musikladenbesitzer zum Kopieren von Musik gezwungen hat. Mit Schwarzkopierer könnte ich leben. Aber... es hat sich ja so eingebürgert. Genauso wie Killerspiel oder Amoklauf.

  • D
    DerKölner

    Super Symbolbild. Ich schreibe auf meine CDs auch immer nur "Raubkopie" drauf.