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Fragwürdige Klugheiten

■ Köln und HSV ermurmeln sich je ein Tor und einen Punkt

„Sport“, so behauptete Dr. Bernhard Worms, Vizepräsident des 1. FC Köln, im Stadionmagazin ,Geißbock-Echo', „lebt vom Ertragen der Niederlagen.“ Diese fragwürdige Klugheit war an die eigene Equipe gerichtet, denn Illgner, Polster und Co. zeichnen sich in dieser Spielzeit durch eine ihrer Stadt angemessene Läpschheit aus – der Gesang: ,Ihr seid nur ein Karnevalsverein' erfreut die Gastvereine regelmäßig mit bemerkenswerter Freigebigkeit.

Kölner Fans erinnern sich ob der mageren Heimausbeute dieser Tage an die rührselige Kampagne „Rettet den FC!“, die vor zwei Jahren anläßlich des drohenden Abstiegs des dreifachen Deutschen Meisters initiiert wurde, und die dazu beitrug, daß am Ende doch noch alles gut wurde. Schließlich gehört ein erstklassiger FC zu den Kölner Konstanten wie ein häßlicher Dom, ein unsterblicher Millowitsch und ein obergäriges Bier.

Ohne Zweifel sahen sich die rheinischen Frohnaturen auch am Freitag abend wieder vom FC verfolgt. Bis zur 87. Minute hatten sich 25.000 Kölner Fans im Müngersdorfer Stadion auf einen verdienten Sieg freuen dürfen, denn ihre Elf hatte meistenteils besser, weil kämpferischer und schneller als die des HSV gespielt; und sie hatte mit einem von Fischer abgefälschten Kullertor durch Libero Hauptmann (12.) schon früh das Führungstor erzielt (dem noch zwei bis vier hätten folgen müssen) – aber dann!

Dann mochte sich der HSV nicht der Idee vom Ertragen der Niederlage anschließen. Und so ließ der, überraschender- und falscherweise zwecks Schonung nach seinem Länderspiel erst zur zweiten Halbzeit eingewechselte, Letchkov sich vor dem Strafraum foulen, Schiedsrichter Merk gab einen Freistoß, Jörg Albertz donnerte den Ball Kölns Greiner an die Ferse, und Illgner konnte wie vordem Stein nur noch dumm schauen.

Wirklich schön ist im Sport das späte, das unerwartete Abwenden der Niederlage. Aber bitte jetzt vor lauter Freude nicht übermütig werden! Zwar steht der HSV nach wie vor in den Uefa-Cup-Rängen, doch der abschließende Kniefall der Kölner Klubschreiber ist zurückzuweisen: „Der HSV gilt als Mitfavorit auf den Titel.“

Katrin Weber-Klüver

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