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Forschung in der Europäischen UnionWeniger Geld für die Wissenschaft

Der Europäische Forschungsrat schlägt Alarm. Innerhalb der kommenden sieben Jahre soll der Etat drastisch gekürzt werden.

Grundlagenforschung in Europa: Wird auch von der EU gefördert Foto: Olaf Döring/imago

Berlin taz | Wird der europäischen Forschung der Geldhahn zugedreht? Wenige Tage vor den entscheidenden Etatentscheidungen in Brüssel hat der Europäische Forschungsrat (European Research Council, ERC) vor Kürzungen am künftigen EU-Forschungsrahmen­programm Horizon Europe gewarnt. Man beobachte „mit Besorgnis, wie die Ambitionen für Horizon Europe geschrumpft sind“, meldete sich das Wissenschaftsgremium in dieser Woche zu Wort.

Ursprünglich war für den Nachfolger des jetzt zu Ende gehenden Forschungsrahmen­programms Horizon 2020 (Gesamtvolumen für 2014–2020: 75 Milliarden Euro) – aus dem der ERC eine Fördersumme von 13,5 Milliarden Euro erhielt – eine Zielmarke von 120 Milliarden Euro in den Jahren 2021 bis 2027 angepeilt worden.

Das Europäische Parlament hat sich diese Zahl bereits zu eigen gemacht. Dagegen fiel der Haushaltsvorschlag der EU-Kommission mit 94,4 Milliarden schon deutlich reduzierter aus. Für den Europäischen Rat, die Kammer der Regierungschefs, legte Ratspräsident Charles Michel jetzt einen Budgetvorschlag von nur 89,6 Milliarden Euro für Horizon Europe vor – für die Wissenschaftler ein Affront. Auch die Vereinigung europäischer Forschungs­universitäten LERU (League of European Research Universitie) protestierte.

Der ERC könne sich „nicht vorstellen, dass die europäischen Staats- und Regierungschefs dem zustimmen können, während sie sich gleichzeitig auf das Engagement und die Fähigkeiten der europäischen Forscher verlassen, um die andauernde globale Pandemie zu bekämpfen und auf unerwartete zukünftige Herausforderungen vorbereitet zu sein“, schreibt der Forschungsrat in seiner Stellungnahme. Gewarnt wird davor, sich in der Forschung zu sehr auf kurzfristige Ergebnisse auszurichten. Nötig sei ein angemessenes Gleichgewicht zwischen der Grundlagenforschung und einer gezielteren, auftragsorientierten Forschung

Allerdings hat der ERC auch mit eigenen Problemen zu kämpfen. In dieser Woche startete das Gremium einen Aufruf an die Forschungscommunities der EU-Mitgliedsstaaten, neue Mitglieder für das 22-köpfige Expertengremium zu benennen. Derzeit ist der Rat ohne Führungskopf, nachdem Anfang April der frisch gekürte ERC-Präsident Mauro Ferrari von seinem Amt nach nur drei Monaten wieder zurücktrat.

Der italienische Nanomedizinunternehmer nannte als Grund für den Bruch die Uneinigkeit mit den anderen ERC-Führungsmitgliedern über eine Neuausrichtung des Rates zur Bekämpfung der Coronapandemie. Diese wiederum monierten, Ferrari seit die meiste Zeit für seine Firma in den USA unterwegs und kümmere sich zu wenig um seine Brüsseler Aufgabe. Nun läuft die Suche nach einem Nachfolger.

Aus den Fehlern lernen

„In der gegenwärtigen Situation muss alles darangesetzt werden, eine herausragende Persönlichkeit für die Leitung des Forschungsrats zu gewinnen, welche die Belange der europäischen Wissenschaft kraftvoll vertreten kann“, mahnte der Präsident der Max-Planck-Gesellschaft (MPG), Martin Stratmann. „Dabei muss ein Verfahren gewählt werden, das der Position angemessen ist und den Standards der scientific community entspricht“ – ein Satz, der sich auch als rückblickende Kritik an der Ferrari-Ernennung lesen lässt.

Der ERC wurde 2007 als Institution zur Förderung der Spitzenforschung in Europa gegründet. Das Besondere: Nicht Einrichtungen werden finanziert, sondern Personen, wissenschaftliche Talente in verschiedenen Phasen ihrer Karriere, die weitere kreative Entwicklungsschübe erwarten lassen.

Als Vorbild für die Konstruktion stand die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) Pate, deren langjähriger Vorsitzender Ernst-Ludwig Winnacker denn auch 2007 zum ersten Generalsekretär des ERC bestellt wurde. Deutsche Forscher haben bis Ende 2019 insgesamt 711 ERC-Förderungen erhalten, der zweitbeste Nationalwert nach Großbritannien (896). Die Zuwendung beläuft sich im Durchschnitt auf 2,5 bis 3,5 Millionen Euro für die Dauer von maximal fünf Jahren.

Wie es weitergeht mit der Forschung in Europa, das werden in der kommenden Woche die EU-Wissenschaftsminister in einer Videokonferenz unter Leitung von Bundesforschungsministerin Anja Karliczek (CDU) beraten. Deutschland hat in diesem Halbjahr die EU-Ratspräsidentschaft inne.

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1 Kommentar

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  • Vor allem sollte die Förderung dafür sorgen, dass wieder mehr unabhängige Forschung betrieben wird. Es ist schon ein grundsätzlicher Fehler, überhaupt Leute aus der Pharmaindustrie in das Gremium zu nehmen, denn deren Interessen sind nicht wissenschaftlicher Natur.



    Gefördete Talente müssen zur Auflage bekommen, nur unabhängige Forschung an z.B. Universitäten zu betreiben. Sobald sie in ein Pharmaunternehmen wechseln, muss die Förderung in voller Höhe zurück gezahlt werden. Das kann ja das Unternehmen dann übernehmen.



    Relevante Forschungergebniss sollten dann vom Staat (zuständige Stelle einer Uni) patentiert werden. Dann können Pharmakonzerne Lizenzen kaufen oder gegen die Auflage, daraus resultierende Medikamente, zum Selbstkostenpreis plus 5% zu verkaufen, kostenlos verwenden.