Folge der "Costa Concordia"-Havarie: Ölpest im Mittelmeer droht
Zehn Tonnen Öl könnten ausreichen, um das Ökosystem vor der Insel Giglio zu ruinieren. An Bord der Costa Concordia befinden sich über 2.000 Tonnen Treibstoff und Schweröl.
ROM taz | Am Dienstag haben Rettungsmannschaften auf dem havarierten Kreuzfahrtschiff "Costa Concordia" fünf weitere Leichen gefunden; die Zahl der bestätigten Toten stieg damit auf elf. Zuvor galten noch 29 Menschen als vermisst. Dem italienischen Rundfunk RAI zufolge wurde ein erstes deutsches Todesopfer identifiziert. Zugleich wächst in Italien die Sorge vor einer Umweltkatastrophe mitten im Nationalen Naturpark des Toskanischen Archipels. Zugleich wächst in Italien die Sorge vor einer möglichen Umweltkatastrophe mitten im Nationalpark "Toskanischens Archipel".
Die Isola del Giglio, gelegen direkt vor der Halbinsel des Argentario, ist dank ihrer reichen Meeresflora und -fauna ein beliebtes Tauchrevier. Zugleich gehört die Zone zum sich vom ligurischen zum toskanischen Meer erstreckenden "Sanktuarium der Meeressäuger" mit reichen Wal- und Delfinpopulationen. Nur zehn Tonnen Öl, so sagte der frühere Präsident des Nationalen Naurparks Mario Tozzi der Zeitung Corriere della Sera, könnten ausreichen, um das lokale Ökosystem auf Jahre zu ruinieren.
An Bord aber hat der gekenterte Kreuzfahrtriese 2.380 Tonnen Treibstoff, davon allein 2.200 Tonnen besonders umweltschädliches Schweröl. Und die wichtigste Frage, die die Behörden umtreibt, ist die nach der Stabilität des Schiffes. Die Costa Concordia liegt seitlich gekippt auf gut 30 Meter tiefem, felsigen Grund. Doch von dort fällt das Meer ab, kommt schließlich eine Abbruchkante, bei der es auf über 70 Meter Tiefe heruntergeht.
Schon am Montag verschob das Schiff sich bei aufkommendem Wellengang, wenn auch zunächst nur um wenige Zentimeter. Für Mittwoch ist zunächst ruhige See vorhergesagt, von Donnerstag an sollen jedoch Wellenhöhen von über einem Meter erreicht werden. Niemand wagt momentan vorherzusagen, ob und wie die Costa Concordia sich bewegen könnte, ob gar ein Auseinanderbrechen droht.
Notstand für Küstenregion ausgerufen
Die Reederei Costa erteilte umgehend dem niederländischen Unternehmen Smit den Auftrag zur Bergung des Öls, doch auch unter günstigen Bedingungen wird sie sich schwierig gestalten. Das Schweröl ist bei niedrigem Temperaturen sehr zähflüssig und muss erst aufgewärmt werden, ehe es abgepumpt werden kann.
Vorsorglich hat Umweltminister Corrado Clini die Ausrufung des Notstands für das Gebiet verkündet. Der Reederei Costa wurde am Montag auferlegt, sie solle binnen 48 Stunden einen Plan zum Abpumpen des Öl vorlegen. Erste Barrieren aus saugfähigem Material wurden ausgebracht.
Nach dem Auftauchen erster kleiner Ölflecken auf der Wasseroberfläche, wurde Entwarnung gegeben. Nach Auskunft der Behörden stammen sie von den zahlreichen rund um das Wrack im Einsatz befindlichen Schiffen.
Derweil wendet sich die Umweltorganisation Legambiente in einem offenen Brief an Umweltminister Clini. Legambiente weist darauf hin, dass die Katastrophe durch den unseligen Brauch der "Verneigung" von Kreuzfahrtschiffen vor auf ihrer Route liegenden Orten ausgelöst wurde - einem Brauch, der bisher toleriert wurde. Und dies, obwohl die fast 300 Meter lange Costa Concordia sich damit in Gewässer wagte, "in denen noch nicht einmal ein kleines Motorboot fahren darf", so Legambiente.
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