: „Flügelkämpfe gibt es in allen Parteien“
Der FU-Parteienforscher Gero Neugebauer über die Konflikte in der Berliner WASG: Fusionsgegner haben Oberwasser
taz: Herr Neugebauer, in der Berliner WASG brechen offene Flügelkämpfe aus. Wie bewerten Sie das?
Gero Neugebauer: Das ist nicht überraschend. In der WASG gibt es viele verschiedene Gruppen. Und die trennen nicht nur politische Ziele, sondern die Konflikte sind auch von persönlichen Animositäten geprägt. Flügelkämpfe sind normal. Diese gibt es in allen Parteien, denken wir nur an die Gründungsphase der Alternativen Liste in Berlin.
Wer wird sich in der WASG durchsetzen?
Der, der auf dem Landesparteitag die Mehrheit hat. Das dürfte im Moment eher der Flügel sein, der kein Zusammengehen mit der Linkspartei anstrebt – auch wenn diese auf die WASG zugeht. Sollte der Berliner Landesverband die Parteifusion ablehnen, wäre er bundesweit isoliert. Es sei denn, andere aus der Bundes-WASG ziehen mit.
Wenn es zu einer WASG-Spaltung kommt, welcher Flügel dürfte den Namen behalten?
Wer bleibt, behält den Namen. Diejenigen, die hinausgehen, müssten von vorn anfangen – und hätten wenig Chancen. Entscheidend ist, wer den Landesvorstand dominiert. Der könnte versuchen, Leute, die nicht auf Linie sind, herauszudrängen.
Welchen Einfluss hat der Bundesvorstand der WASG?
Der ist relativ hilflos, er kann den Landesverbänden nicht direkt reinreden. Er könnte satzungsbedingt erst dann eingreifen, wenn innerhalb der Partei eine Konkurrenzorganisation aufgebaut werden sollte. Das lässt sich keine Partei bieten – wie der Gründungsprozess der WASG gezeigt hat. Die offenbar in Berlin entscheidende Frage, ob es ein Zusammengehen mit der Linkspartei geben soll oder nicht, wird aber nicht juristisch geklärt, sondern politisch. Entscheidend ist: Wie stark werden die Ja- und die Nein-Sager, und welche Perspektiven bieten sie.
INTERVIEW: RICHARD ROTHER