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Flüchtlingsprotest am AlexanderplatzStreik geht an die Nieren

Flüchtlinge im Hungerstreik kehren nach Krankenhaus- Aufenthalt auf den Alexanderplatz zurück.

Flüchtlingsprotest am Alexanderplatz. Bild: dpa

Schon wieder fährt ein Krankenwagen mit Blaulicht davon. Es ist der fünfte Hungerstreikende, der an diesem Tag ins Krankenhaus muss, weil sein Körper kollabiert, die Sanitäter stellen Flüssigkeitsmangel fest. Nur noch sieben Flüchtlinge befinden sich damit am Mittwochnachmittag am Alexanderplatz, viele von ihnen waren bereits im Krankenhaus und sind zurückgekehrt. „Ich wollte so schnell wie möglich wieder zur Mahnwache zurück, auch wenn ich mich weiterhin sehr schlecht fühle“, sagt einer von ihnen. Er war am Morgen wegen starker Nierenschmerzen ins Krankenhaus gebracht worden und am Nachmittag bereits wieder am Streikort.

Seit Dienstagnacht verzichten die Streikenden nicht nur auf Nahrung, sondern auch auf die Aufnahme von Flüssigkeit. Einen Stopp der Abschiebungen, eine andere Asylgesetzgebung und die Anerkennung ihres Aufenthalts fordern die Flüchtlinge, die vorher in Lagern in Sachsen-Anhalt gewohnt haben und auf keinen Fall dorthin zurückwollen. „Wir sind Menschen, und wir wollen als Menschen behandelt werden“, sagt einer aus der Gruppe, die sich den Namen „Non-Citizens“ gegeben hat, um darauf aufmerksam zu machen, dass für sie die Bürgerrechte nicht gelten. Weiterhin habe es kein Gesprächsangebot vonseiten des Bezirks, des Senats oder der Bundesregierung gegeben.

Am Mittwoch verstärkte die Polizei ihre Präsenz rund um die Hungerstreikenden kurzzeitig; Angst vor einer Räumung kam auf, dann zog sich die Polizei jedoch wieder zurück. Die verbliebenen Flüchtlinge wollen weitermachen, bis „Politiker mit den entsprechenden Kompetenzen mit uns Kontakt aufnehmen“. Er habe keine Angst davor, umzukippen, sagt einer der Flüchtlinge noch. „Ich habe Angst, in mein Heimatland abgeschoben und dort ermordet zu werden.“

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14 Kommentare

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  • D
    D.J.

    „Ich habe Angst, in mein Heimatland abgeschoben und dort ermordet zu werden.“

     

    Wann ist das bei einem abgelehnten und abgeschobenen Asylberwerber zuletzt geschehen? Oder Gefängnis, Folter? Hat irgendwer darüber Informationen? Denn dies und nichs anderes ist die relevante Frage, wenn wir über den Sinn von Asylrecht reden.

    • @D.J.:

      warum, glauben Sie, verlangt das asylrecht nicht den beweis, dass dieses+jenes eintreten wird, sondern 'nur' die begründete furcht vor dieses+jenes?

      bei etlichen ländern weiß man, dass am zielflughafen der örtliche geheimdienst übernimmt und der schübling sich damit 'auf hoher see' befindet. bei anderen weiß man es nicht. weil keine berichte dazu vorliegen bzw. nicht in die westliche hemissphäre vordringen.und dann gibt es noch die fälle, in denen man lieber nicht ausprobiert, ob diese einer der erste bekanntgewordene fall wäre. von den auslieferungsfällen nicht zu reden.

      nehmen wir Syrien: man weiß seit jahrzehnten, dass in Syrien gefoltert wird, man schrieb/schreibt dies auch in den ablehnungsbescheid oder das urteil - und schickt eine begründung hinterher, warum in diesem fall nur aus ordnungspolitischen gründen - um sich zu vergewissern, dass diese oder jener nicht politisch sei - gefoltert würde, also nicht richtig oder so.

      im übrigen: um hier wissen zu können, was dort geschieht, muß eine abschiebung begleitet werden, und zwar nicht nur von polizisten. das braucht ein ganzes netz von beobachterinnen. das gehört erst mal organisiert! 1 mensch von UNHCR oder botschaft am zielflughafen reicht da nicht aus.

      oder nehmen wir Iran: in aller regel suchen ABH's die abschiebung zu vermeiden, denn auch die kennen das risiko.

      andere länder sind da weniger prominent, leider.

      • D
        D.J.
        @christine rölke-sommer:

        "warum, glauben Sie, verlangt das asylrecht nicht den beweis, dass dieses+jenes eintreten wird, sondern 'nur' die begründete furcht vor dieses+jenes?"

         

        Ja, eben. Und das ist auch gut so.

        • @D.J.:

          sollte man meinen. wenn Sie aber lesen dürfen, dass zwar in xy serienmäßig gefoltert werde, aber der antragsteller yz bestimmt, weil der ja nix besonderes sei und/oder getan habe - dann zweifeln Sie an der vernunft so manch eines einzelentscheiders/gerichts. dabei sollte doch maßstab das sein, was ein vernünftiger+besonnener mensch tun täte wenn...

          noch verrückter geht es zu, wenn man zwar weiß, dass in land xy obskure todesfälle des öfteren vorkommen, aber... führen Sie mal den nachweis, dass hinter einem VU mit todesfolge und unauffindbarem tatfahrzeug der staat steckt - das war das dilemma etlicher rumäninnen, vor allem, nachdem nach dem sog asylkompromiß Rumänien als sicheres herkunftsland galt. und: Rumänien ist gewissermaßen umme ecke, da konnte man noch an viele informationen herankommen, wenn man wollte, und hätte gute gründe dafür finden können, die befürchtung, ermordet zu werden, ernst zu nehmen.

          aber nehmen Sie mal afrikanische staaten. da bieten sich viele scheinbar gute gründe, etwas nicht ernstnehmen zu müssen und für unpolitisch halten zu dürfen.

          im übrigen: die befürchtung, ermordet zu werden, bringt nicht eine jeder vor. kann ich so aus meiner beruflichen erfahrung heraus sagen.

          • @christine rölke-sommer:

            kleine korrektur. gemeint war und ist: wenn Sie aber lesen dürfen, dass zwar in xy serienmäßig gefoltert werde, aber der antragsteller yz bestimmt nicht, weil der ja nix besonderes sei und/oder getan habe

    • @D.J.:

      Ich habe jetzt keine Zahlen von Amnisty o.ä. zur Hand, erinnere mich aber an einen Fernsehbeitrag der vor kurzem lief. Da hatte sich ein junger Afgane die Pulsadern aufgeschnitten, weil er von den bayerischen Behörden nach Afganistan abgeschoben werden sollte. Auf Angehörige der Volksgruppe des jungen Mannes machen aber die Taliban jagt und stellen dann die grausamen Mißhandlungen ins Internet. Das ist aber keine staatliche Verfolgung und daher offenbar auch kein Asylgrund.

       

      Brauchen Sie wirklich die Leiche eines Asylbewerbers als Beweis dafür, dass er es verdient gehabt hätte Asyl zu bekommen?

      • @Dhimitry: Die Red.: Kommentar wurde entfernt. Bitte vermeiden Sie hetzerische Verleumdungen.
        • @Emslander:

          die leute, denen gegenüber asylberechtigte aufdeckten, dass alles ein riesen-bluff war, fand ich schon immer besonders lustig. meist, wenn man an deren angeblich selbst miterlebten geschichten ein bißchen kratzt, kommt rassismus pur zum vorschein.

          abgesehen davon, dass das historisch sein sollende gegen-beispiel keines ist. es scheitert schon daran, dass es vor 1948 kein asylrecht wie nach 1948 gab - und selbst das entstand nach 1948 als positiviertes recht (wie in 'schland) nicht aus einem guß und weltweit schon garnicht.

          kurzum: auch ich möchte nicht angelogen werden!

        • @Emslander:

          Ääh? Was hat das jetzt mit dem Thema Hazara/Taliban zu tun?

          • @Dhimitry:

            es hat mit dem thema asyl, mit dem thema tatsächlicher und vorgeschobener asylgründe zu tun.

            frage beantwortet?

            • @bulk_reply8:

              aaahhh! noch so'n experte!

            • @bulk_reply8:

              Frage beantwortet. An dieser Stelle würde sich dann die Frage stellen, hat sich in den drei Jahren politisch etwas in Albanien geändert, dass die Rückkehr erlaubt hat?

               

              Es gibt auf der anderen Seite viele tragische Geschichten von Menschen, die zu unrecht abgeschoben wurden und Gerichte ihnen nachträglich Asyl gewährt haben. Nur waren diese Menschen dann nicht mehr auffindbar.

               

              Deutschland hat aufgrund seiner wirtschaftlichen Stärke die Pflicht Flüchtenden Schutz zu gewähren. Wer sich aber die Zahlen anguckt, die Deutschland im Zusammenhang mit dem Syrienkrieg, muss sich schämen.

      • D
        D.J.
        @Dhimitry:

        Ich vermute, es handelte sich um einen Hazara, eine schiitische, persischsprachige Volksgruppe - von den Taliban als Ketzer verfolgt.

        Nein, brauche ich nicht. Die Abschiebung von Hazara und anderen religiös Verfolgten halte ich für zutiefst problematisch.