Flüchtlinge aus Griechenland in Berlin: Gekommen, um zu bleiben
Berlin nimmt weitere Flüchtlinge aus Griechenland auf. Das Containerdorf auf dem Tempelhofer Feld soll reaktiviert werden.
Sie haben ihr Asylverfahren in Griechenland noch nicht absolviert, das werden sie in Berlin tun. 21 weitere Flüchtlinge aus dieser Gruppe werden in Berlin noch erwartet. Ihr Anreisetermin steht Hebbinghaus zufolge noch nicht fest. Untergebracht würden sie in einer Asylunterkunft in Spandau. Das LAF möchte aber nicht, dass veröffentlicht wird, wo genau, um die Bewohner vor dem Presserummel abzuschirmen.
Für die bereits seit einigen Monaten in Spandau untergebrachten Griechenland-Ankömmlinge ist bereits eine Hilfeaktion von Ehrenamtlichen gestartet. Das Willkommensbündnis Steglitz-Zehlendorf und der Kirchenkreis Spandau reaktivieren dazu gerade Strukturen, die sich 2015 gebildet haben.
Da es sich um kranke Kinder handelt, bestünde vor allem Bedarf an medizinischer Hilfe. Günther Schulze vom Willkommensbündnis freut sich daher, dass ein Dutzend Ärzte und Psychotherapeuten ehrenamtlich ihre Hilfe angeboten haben. Dazu kommen Menschen, die Fahrdienste und Begleitungen zu Behörden übernehmen wollen.
„Asylverfahrensberatung steht den Menschen zu“
Corona macht die Hilfen schwieriger, nicht nur weil ältere Ehrenamtliche jetzt eher auf direkte persönliche Kontakte verzichten. Auch eine Zusammenkunft in einer Kirchengemeinde in Spandau, auf der der Hilfebedarf abgestimmt werden sollte, wurde kurzfristig abgesagt.
Eine zweite Gruppe von Flüchtlingen von den griechischen Inseln, die bereits in Berlin gelandet sind, sind minderjährige unbegleitete Flüchtlinge. Daniel Jasch vom Beratungs- und Betreuungszentrum für Geflüchtete und Migranten, der sich um sie kümmert, schätzt ihre Zahl auf 30. Er kritisiert die in Berlin laufenden Asylverfahren der von Griechenland überstellten Flüchtlinge: „Ich kenne eine palästinensische Familie, deren Asylantrag bereits abgelehnt wurde. Bei einem minderjährigen unbegleiteten Syrer hat das Bundesamt die Anhörung ohne Vormund gestartet, was ich stoppen konnte.“
Das sei eigentlich nicht zulässig. Die Mängel hätten System, sagt Jasch. „Da die Asylanhörungen sehr kurz nach der Ankunft stattfinden, haben die Neuankömmlinge keinen Zugang zu einer unabhängigen Verfahrensberatung, die sie darauf vorbereiten könnte.“ Solche Asylverfahrensberatungen stehen anderen Asylsuchenden zur Verfügung, etwa bei der AWO.
Asyl in Griechenland
Die aus Griechenland nach Deutschland eingeflogenen Menschen seien sich, so Jasch, oft nicht einmal der Bedeutung des Asylverfahrens bewusst, „denn sie sehen, Deutschland hat sie schließlich aufgenommen. Darum glauben sie sich schon sicher.“
Eine zusätzliche Schwierigkeit bestünde darin, dass sie aus Unwissenheit dem Bundesamt nicht die in Griechenland erstellten ärztlichen Atteste über die Gesundheitsprobleme ihrer Kinder vorlegen würden. Diese Atteste sind in griechischer Sprache erstellt worden, und in Berlin sei nicht endgültig geklärt, wer für die Übersetzungskosten aufkommt. Das sei aber wichtig für die Beurteilung sagt Jasch der taz, „denn so schwere Krankheiten, um die es sich hier handelt, können Abschiebehindernisse sein.“
Und eine weitere Gruppe von 126 Flüchtlingen aus Griechenland kommt nach Berlin. Diese Menschen haben in Griechenland bereits Asyl erhalten und durften somit von den Elendslagern auf Lesbos und Samos aufs griechische Festland umziehen. Die Regierung in Athen hat es nach dem Brand in Moria abgelehnt, weiterhin eine Verteilung von Flüchtlingen direkt von den griechischen Inseln in andere EU-Staaten zu vereinbaren.
Wasser auf dem Prüfstand
Die ersten elf Flüchtlinge dieser Gruppe werden nächste Woche nach Berlin kommen. Das LAF äußert sich nicht dazu, wo sie untergebracht werden. Später eintreffende Flüchtlinge aus dieser Gruppe sollen dem LAF zufolge ins Containerdorf auf dem Tempelhofer Feld ziehen, „vorausgesetzt, das Gesundheitsamt Tempelhof-Schöneberg erteilt dafür die Freigabe und Erlaubnis“, so Behördensprecherin Monika Hebbinghaus.
Für den dortigen Gesundheitsstadtrat Oliver Schworck (SPD) steht allerdings nicht die Frage, ob, sondern nur wann eine Belegung möglich ist. „Derzeit sind noch nicht alle Voraussetzungen gegeben, damit Menschen einziehen können“, sagt er. „Wir stehen aber mit dem LAF im Gespräch.“ Nach Informationen der taz gibt es wegen des langen Leerstands Probleme mit der Wasserqualität. Das wollte der Stadtrat weder bestätigen noch dementieren.
Die Container auf dem Tempelhofer Feld waren Ende 2019 frei geworden, weil das nach dem Volksentscheid zustande gekommene Tempelhofer-Feld-Gesetz eine Wohnnutzung über diesen Zeitraum hinaus nicht erlaubte. Die Container blieben aber stehen, denn Berlin fand nirgendwo anders Abstellmöglichkeiten. Als sich Berlin im Sommer für die Aufnahme von Griechenland-Flüchtlingen starkmachte, brachte Sozialsenatorin Elke Breitenbach (Linke) einen Bezug der Container in die Debatte. Dagegen wurde keine Kritik laut.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Interner Zwist bei Springer
Musk spaltet die „Welt“
Historiker Traverso über den 7. Oktober
„Ich bin von Deutschland sehr enttäuscht“
Nach dem Anschlag von Magdeburg
Wenn Warnungen verhallen
Deutsche Konjunkturflaute
Schwarze Nullkommanull
Schäden durch Böller
Versicherer rechnen mit 1.000 Pkw-Bränden zum Jahreswechsel
Aufregung um Star des FC Liverpool
Ene, mene, Ökumene