Fluchhafen: Nachschlag beim BER
Im Abgeordnetenhaus nennt Aufsichtsratschef Michael Müller (SPD) zwar keinen neuen Eröffnungstermin, sieht aber vier bis sechs Monate Verzögerung.
Nein, einen neuen Eröffnungstermin für den BER mag Michael Müller nicht nennen. Unseriös wäre das nach Ansicht des Regierenden Bürgermeisters, der zugleich Aufsichtsratschef der Flughafengesellschaft ist. Immerhin gibt er erstmals eine Einschätzung, welche Verzögerung die jüngsten Bauprobleme mit sich bringen: „Nicht vier bis sechs Wochen, sondern vier bis sechs Monate“, sagt er am Mittwoch im Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses. Ableiten lässt sich daraus nichts Konkretes: Der am 21. Januar abgesagte Termin war ja gar kein echter, sondern nur die Ansage, dass es 2017 noch hätte klappen sollen.
Von der „Woche der Flughafenwahrheit“ spricht ein CDU-Abgeordneter – Montag Krisenrunde mit den beteiligten Bauunternehmen, Dienstag Aufsichtsratssitzung und nun die Debatte im Parlament. Und weil sich ein „g“ auch bei Berliner Politikern manchmal so anhört wie im Ruhrgebiet, wo aus einem „g“ stets ein „ch“ wird, hängt das Wort „Fluchhafen“ im Ausschussaal, dem Raum 113 des Abgeordnetenhauses.
Dabei gibt sich Müller, gibt sich aber auch Flughafen-Vorstandschef Karsten Mühlenfeld alle Mühe, die erneute Verschiebung klein zu reden. Ja, das sei jetzt ein „Ärgernis“ mit der erneuten Verzögerung, räumt Müller ein. Doch während der BER bei der Absage 2012 „nicht ansatzweise“ eröffnungsreif gewesen sei, habe man jetzt alle Baugenehmigungen zusammen. Mühlenfeld wiederum berichtet, vor allem auf konkrete Fragen der FDP-Fraktion hin, von rund 1.000 Türen mit Problemen und zwei Kilometer Wasserleitungen, die neu verlegt werden müssen.
Der Flughafenchef sitzt direkt neben Müller vor den Abgeordneten, aber es ist einiges an Distanz zwischen den beiden: Die Geschäftsführung sei nicht immer auf der Höhe der Realität auf der Baustelle gewesen, hält Müller seinem Nebenmann vor, „da gibt es ein Erkenntnisproblem der Geschäftsführung“. Aus angeblich beherrschbaren Problemen, von denen ihm Mühlenfeld im Dezember berichtet haben soll, wurden bis zu einem weiteren Gespräch am 12. Januar solche, die eine Eröffnung noch 2017 endgültig ausschlossen.
1996 beschlossen, 2006 begonnen, 2017 immer noch nicht eröffnet: Das sind die Rahmendatenbei dem Flughafen, der eigentlich nach dem früheren Bundeskanzler Willy Brandt heißt, aber immer nur BER genannt wird. Wahrscheinlich, weil es den Sozialdemokraten peinlich wäre, einen ihrer Größten dauerhaft zusammen mit der Pannen-Baustelle zu nennen. Berliner Politiker rechnen gern vor, dass es beim Münchner Flughafen mit 25 Jahren noch länger gedauert haben soll. Dummerweise gibt es eine andere Pannenbaustelle inzwischen nicht mehr, auf die man immer verweisen konnte, wenn man darstellen wollte, dass das mit den Großprojekten eben nicht so einfach so: Die lange gleichfalls belächelte Elbphilharmonie in Hamburg hat am 11. Januar eröffnet. (sta)
Wie nach dem Prinzip Zuckerbrot und Peitsche lobt Müller den seit März 2015 amtierenden Flughafenchef aber gleich danach für Fortschritte in den vergangenen beiden Jahren. 2013 und 2014 hingegen waren aus Müllers Sicht für den BER „verlorene Jahre“. Das lässt sich im Saal als kaum verhüllte Kritik an seinem Ende 2014 zurück getretenen SPD-Parteifreund und Vorgänger Klaus Wowereit verstehen, der Ende 2014 als Regierungs- wie als Aufsichtsratschef zurücktrat.
Offen bleibt an diesem Mittwoch, wie teuer die Verzögerung für das Land wird. Mitte März soll ein neuer Finanzplan vorliegen, danach laut Müller „so schnell wie möglich“ ein Eröffnungstermin. Mühlenfeld ist so zu verstehen, dass noch genug Geld zum Fertigbauen da ist, ohne dass das Land Berlin – und die anderen Eigentümer, Brandenburg und der Bund –, nochmals nachschießen müssen. Das wäre auch darum nicht unproblematisch, weil es eine weitere Beihilfe wäre, die die EU-Kommission genehmigen müsste.
Die vormals oppositionellen und jetzt seit zwei Monaten mitregierenden Grünen und Linken verfolgen das Ganze um einiges weniger kritisch als vor kurzem. Steffen Zillich (Linke) sieht lediglich ein „Dauer-Ärgernis“. Und für die Grünen, die vor kurzem noch weit drastischere Bilder benutzten, sagt Anja Schillhaneck nun nur, ein Ruhmesblatt sei die Geschichte um den BER nicht.
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