■ Fleischesser, Pelze, Patriarchat usw.: Was Nina H. für Tiere macht
In der ganzen, riesigen Halle des Gaswerks in Hamburg-Bahrenfeld hingen am Freitag abend gutgemeinte, nettgemeinte bunte Bilder. Wichtig war aber nicht, was auf ihnen zu sehen war. Von Bedeutung schien eher, daß die Motive ein bißchen daran erinnerten, wie einst, sagen wir eine „Christiane, 9 Jahre, Oldenburg“ mal einen Vorgang aus dem Straßenverkehr für die optische Auffüllung des Pausenbildes im Kinderprogramm der öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten dargestellt hat. Solcherart eingestellt sollten die Anwesenden in aller unverbrauchten Aufgeschlossenheit das Engagement des „People for the Ethical Treatment of Animals Deutschland e. V.“ begrüßen: Es ging darum, für eine gute Sache einzutreten – für einen anderen, korrekten Umgang mit den Tieren –, und das erst mit Gesang und dann mit einer Modenschau.
Niemand anders als Nina Hagen eröffnete die Veranstaltung mit Akustikgitarre. Auf der Einladungskarte stand ein Hagen-Zitat: „Was Gilette mit Tieren macht, läßt mir die Haare zu Berge stehen.“ Daneben läßt sich die Sängerin von einem etwa zwei Meter großen Hasen, womöglich ihrem Freund Harvey, umarmen. Das Flair der Aufnahme prägte auch Hagens engagierten Auftritt: Im Prinzip alles wahr, jedoch soll das Schönste sein, daß man dieser Mischung aus weiblichem George Clinton und Tu-wat-Hippie nichts abnehmen muß: „Tiere würden so was niemals tun, darum nenn mich nie mehr dummes Huhn“, sang Hagen, und bei jedem anderen Erdbewohner hätte es nach einer läppischen Sponti-Zeile geklungen.
Aber die „schrille Anti-Pelz-Show ,Fur is a drag'“ featurete mit Nina Hagen jemand, der auf den Zusammenhang zwischen Fleischesserei und Patriarchat auf die Art hinwies, wie das auch andere berechtigterweise getan haben, zum Beispiel die HipHop-Rock-Gruppe Consolidated.
Bei der anschließenden Modenschau liefen die bevorzugt weiß gekleideten Models durch ein possenhaftes Camp-Rührstück mit S/M-Anteilen. Eiskönige und -königinnen mit pathetischen Blicken. Drag Queens gegen Pelze. Es ging um mehr als nur um tierfellfreie Kleidung. Kleiner Einwand: Eigentlich sollte das mit Kitsch nichts zu tun haben.
Kristof Schreuf
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