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Fink lehnt juristischen Vergleich ab

■ Plädoyers im Fink-Prozeß vor dem Landesarbeitsgericht / Anwalt der Humboldt-Uni bezweifelte Glaubwürdigkeit der Zeugen Wiegand und Roßberg / Finks Anwalt zog Vergleich mit McCarthy-Ära

Berlin. Der ehemalige Rektor der Humboldt-Universität, Heinrich Fink, hat gestern vor dem Landesarbeitsgericht einen Vergleich abgelehnt. „Mir geht es hier wirklich um das Verfahren in einem Rechtsstaat“, erwiderte Fink auf die nachdrücklichen Angebote des Vorsitzenden Richters Bernd Preis, sich ohne Urteilsspruch zu einigen. Der Theologieprofessor sagte: „Wenn wir in der DDR mit der Wende etwas erreicht haben, dann ist es der Rechtsstaat.“

Vor der überraschenden Vergleichsfrage hielten die Anwälte zwei höchst gegensätzliche Plädoyers. In dem Berufungsprozeß geht es darum, ob Heinrich Fink zu Recht durch die Humboldt-Universität wegen Stasi-Verdachts entlassen wurde. Er soll als IM „Heiner“ für die Stasi gespitzelt haben, so der Vorwurf von Wissenschaftssenator Manfred Erhardt (CDU).

Ein Urteil in diesem Prozeß bringe „erhebliche Risiken“ mit sich, begründete Richter Preis sein „ungewöhnliches Angebot“. Er bat die Prozeßvertreter wörtlich, sie „könnten eigene Verantwortung für die Konfliktlösung übernehmen“. Der Vorsitzende sprach Heinrich Fink direkt an und sagte: „Auch ein günstiges Urteil würde Sie nicht wirklich entlasten.“ Auf der anderen Seite habe sich Wissenschaftssenator Erhardt „in einer Art und Weise festgelegt“, daß eine Prozeßniederlage „von der Öffentlichkeit sicher als Schlappe“ gesehen würde.

Bernd Preis sagte weiter, daß in diesem Prozeß die Beurteilungen der sogenannten Gauck-Behörde auf dem Prüfstand stünden. Der Beauftragte für die Stasi-Unterlagen, Joachim Gauck, vor allem aber Erhardt hatten nie einen Zweifel an der Schuld Heinrich Finks gelassen. Der Wissenschaftssenator war sogar so weit gegangen, immer wieder die wissenschaftliche Qualifikation des 57jährigen Theologen öffentlich herabzuwürdigen.

In seinem Plädoyer zog Anwalt Thomas Kunze die Glaubwürdigkeit der Zeugen prinzipiell in Zweifel, die bis auf eine Ausnahme ehemalige hauptamtliche Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR waren. „Ich gehe davon aus, daß die Zeugen in wesentlichen Punkten die Unwahrheit sagen“, eröffnete der Anwalt der Humboldt-Universität sein Plädoyer. Die Zeugen kämen aus dem Geheimdienstmilieu. „Sie haben ihr Leben lang das gemacht, was wir hier tun. Sie haben versucht, die Wahrheit herauszufinden“, sagte Kunze, begleitet von allgemeiner Überraschung. Er meinte damit, daß die Stasi-Offiziere immer hätten herausfinden müssen, ob die Inoffiziellen Mitarbeiter die Wahrheit sagen. Kunze argumentierte unter anderem damit, daß die beiden Abteilungsleiter der Stasi-Kirchenabteilung XX/4, Joachim Wiegand und Klaus Roßberg, frühere Aussagen widerrufen hätten. Im Falle Roßbergs war dies eine eidesstattliche Versicherung gewesen.

Finks Anwalt Seyboldt kritisierte Kunze daraufhin. „Sie halten die Zeugen für unglaubwürdig“, meinte Lutz Seyboldt, „gleichzeitig glauben Sie aber den Akten, die eben diese Zeugen angelegt haben.“ Die Akten reichten aber nach der erstinstanzlichen Entscheidung nicht als Beweis aus. „Sie stehen unter Beweislast“, wandte sich Seyboldt an seinen Kollegen. Kunze demontiere die von ihm selbst benannten Zeugen, die aber nötig seien, um Fink wissentlicher Stasi-Zuarbeit zu überführen. Was übrigbleibe, sei der Verdacht. Der reiche aber nicht.

Es gehe in diesem Prozeß um mehr als Heinrich Finks Schuld oder Unschuld, sagte Lutz Seyboldt. Der Rechtsstaat sei angesprochen, weil jenen Zeugen ihre Glaubwürdigkeit pauschal abgesprochen werde, die für die Beweisführung nötig seien. „Wir rütteln an den Grundlagen des Rechtsstaates, wenn wir den vollständigen Beweis schuldig bleiben“, sagte Seyboldt und erinnerte an die McCarthy-Ära in den USA. Kunze wies diesen Vergleich zurück. Der Prozeß wird morgen fortgesetzt. Christian Füller

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