Finanzminister streiten über Rettungsschirm: 750 Milliarden Euro sollen reichen
Die EU-Finanzminister sind zerstritten. Sie konnten sich in Brüssel nur darauf einigen, nichts zu beschließen. Der Rettungsschirm soll nicht erweitert werden.
Die Euro-Finanzminister sind sich weiter uneins, ob der EU-Rettungsschirm ausgeweitet werden soll. Auch ein Treffen in Brüssel führte zu keinen Annäherungen. So sagte Belgiens Finanzminister Didier Reynders am Dienstag, er sei sich sicher, "dass wir in den kommenden Wochen mehr Diskussionen über die Größe des Krisenmechanismus haben werden".
Genau solche Debatten würde Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) am liebsten beenden. Man müsse "nicht ständig über neue Initiativen reden". Diese permanenten Diskussion würden die Finanzmärkte nur verunsichern.
Der EU-Rettungsschirm kann momentan 750 Milliarden Euro mobilisieren. Allerdings mehren sich die Stimmen, dass diese Summe nicht reichen könnte. Der Internationale Währungsfonds (IWF) hatte jüngst gefordert, den Fonds aufzustocken, und auch Bundesbankpräsident Axel Weber hatte bereits vorgerechnet, dass im Notfall weitere 145 Milliarden Euro nötig werden könnten.
Gleichzeitig wächst die Nervosität der Anleger: Längst gelten nicht nur Portugal und Spanien als weitere denkbare Pleiteländer - inzwischen steigen auch die Risikoaufschläge für Italien, Belgien und selbst Frankreich.
Der EU-Rettungsschirm wurde im Mai nach der Griechenland-Krise geschaffen, und Irland ist nun das erste Euro-Land, das diese Kredite in Anspruch nimmt. Das gesamte Hilfspaket für Irland beträgt 85 Milliarden Euro und wurde von den EU-Finanzministern am Dienstag offiziell beschlossen. Die Gelder werden jedoch nur fließen, wenn sich die Iren an die Sparauflagen halten.
Um den Rettungsschirm künftig zu entlasten, reiste Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker mit einem eigenen Vorschlag nach Brüssel. Zusammen mit dem italienischen Finanzminister Guilio Tremonti hatte er ein Konzept ausgearbeitet, wie sich Eurobonds schaffen ließen. Eurobonds wären Staatsanleihen, die von allen Euroländern gemeinsam herausgebracht würden.
Bisher emittiert jedes Land seine eigenen Staatsanleihen, was den Nachteil hat, dass Pleitekandidaten wie Portugal oder Spanien hohe Risikoaufschläge zahlen müssen, die den Staatsbankrott beschleunigen. Bei Eurobonds hingegen würden alle Euroländer gemeinsam haften, weswegen der Zinssatz deutlich niedriger läge.
Widerstand kommt vor allem aus Deutschland und den Niederlanden. Beide Staaten sind bei den Anlegern sehr beliebt und müssen daher nur niedrige Zinsen zahlen. Deutschland und die Niederlande fürchten, dass ihre Zinsbelastung bei einem Eurobond steigen würde. Konsequenz: Über Junckers Vorschlag wurde in Brüssel noch nicht einmal gesprochen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Pistorius lässt Scholz den Vortritt
Der beschädigte Kandidat
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Haftbefehl gegen Netanjahu
Begründeter Verdacht für Kriegsverbrechen
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative