: Finanzminister plant kein Streichkonzert
Eichels Sprecher dementiert Berichte über Streichliste, nach der es ALG-II-Empfängern und Mehrwertsteuer an den Kragen gehen soll: Das 30-Milliarden-Sparprogramm stamme aus der Feder von „Beamten mit CDU-Parteibuch“
BERLIN dpa/taz ■ Das Bundesfinanzministerium hat angebliche Pläne für ein 30-Milliarden-Sparprogramm zur Stabilisierung des Bundesetats dementiert. Bei der Streichliste handle es sich nicht um Vorschläge der politischen Leitung des Ministeriums, sagte Ressortsprecher Stefan Giffeler. Dies sei vielmehr „eine konzertierte Aktion von Beamten mit CDU-Parteibuch und Teilen der Union“. Die CDU wolle „das der Bundesregierung in die Schuhe schieben“. Auf die Beteiligten kämen dienst- und beamtenrechtliche Konsequenzen zu, so Giffeler. Anfang der Woche werde der Fall untersucht.
Am Wochenende hatten Bild und Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung (FASZ) über die angebliche Streichliste berichtet. Daraufhin reagierten Unionspolitiker auffallend schnell und warfen Bundeskanzler Gerhard Schröder und Finanzminister Hans Eichel (beide SPD) Wahlbetrug vor. Unter dem Titel „Eichels geheime Gift-Liste“ schrieb Bild, entgegen anderslautender Beteuerungen Eichels werde „im Bundesfinanzministerium an einem riesigen Kürzungspaket gearbeitet“. Das belegten „interne E-Mails (Maßnahmeoptionen zur Realisierung von Einsparungen im Bundeshaushalt), die Bild vorliegen“. Danach sollten Beziehern von ALG II die Kürzung ihrer Leistungssätze um 2 Prozent drohen sowie eine Schlechterstellung bei der Rente, wenn sie länger als zwei Jahre arbeitslos seien. In den Papieren sei ferner die Rede davon, dass „das Kürzungsziel von 30 Milliarden ohne eine teilweise Erhöhung der Mehrwertsteuer nicht erreichbar“ sei.
Auch die FASZ berief sich auf „interne Dokumente des Ministeriums“, die ihr vorlägen. Neben Kürzungen beim ALG II und dem möglichen „Wegfall des ermäßigten Mehrwertsteuersatzes“ wird auch erwähnt, dass ein Zwei-Milliarden-Euro-Sonderprogramm für Verkehrsinvestitionen entfallen soll. Ebenso müssten danach Kultureinrichtungen mit weniger Geld auskommen, namentlich der Denkmalschutz, Orchester und Stiftungen.
Laut Welt am Sonntag waren Beamte des Finanzministeriums aufgefordert, Sparvorschläge zu machen. Richtig sei, dass der Bundesfinanzminister für die Zeit ab 2007 einen noch zu erfüllenden Bedarf zur Haushaltskonsolidierung in Höhe von jährlich rund 25 Milliarden Euro genannt habe, so sein Sprecher. Was die Ausgabenseite anbelange, sei auf eine „konjunkturgerechte Konsolidierung“ zu achten. Von den Aktivitäten der CDU-Beamten sei das Ministerium jetzt aber völlig überrascht worden. Das gelte auch für den bekannt gewordenen E-Mail-Verkehr zwischen den im Ministerium beteiligten Beamten.
„Keiner aus der Leitung unseres Hauses wusste, dass da an solchen Konzepten gearbeitet wird“, sagte Giffeler. Die Vorschläge entstammten offensichtlich Unionswünschen, denn wie absurd sie seien, zeige das Zwei-Milliarden-Verkehrsprogramm. „Es war Gegenstand des Jobgipfels und ein originäres Projekt des Bundeskanzlers, des Finanzminister und des Verkehrsministers.“ Genauso absurd seien öffentliche Vorhaltungen, die Filmförderung solle gekürzt werden, obwohl der Kanzler dazu ein Fondsmodell vorgeschlagen habe. CA