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Finanzkrise im deutschen EishockeyEs droht der Kollaps

Die kriselnde DEL geht in die Playoffs: Doch hinter den sportlich überlegenen und ökonomisch gesunden Berliner Eisbären droht immer mehr Klubs der finanzielle Kollaps.

Der schlechte Auftritt der deutschen Eishockey-Spieler in Vancouver war nicht gerade vorteilhaft für ein besseres Image des Sports in Deutschland. Bild: reuters

Wenn die Playoffs im Eishockey beginnen, treten weltweit ein paar unerschütterliche Gesetze in Kraft. Einerseits lassen sich die Kufencracks kollektiv Bärte wachsen. Und andererseits sprechen besonders die Nordamerikaner - und davon gibt es in der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) immer noch jede Menge - nur noch in standardisierten Sätzen.

So auch der aus Kanada stammende Peter John Lee. Gemäß der Devise, dass in den Playoffs kein Gegner unterschätzt werden darf, deklarierte der Manager der Eisbären Berlin den Viertelfinalgegner Augsburg zu einem "guten, starken Team". Besonders am Ende der Hauptrunde hätten die Panther "sehr stark gespielt". Start der Serie "Best of five" ist heute Abend in Berlin, die Wahrheit jenseits der Playoff-Floskeln sieht allerdings anders aus: Die Eisbären werden die Panther, falls kein Wunder geschieht, in drei Spielen abservieren.

Sie haben die Hauptrunde, wie inzwischen üblich, souverän auf dem ersten Tabellenplatz abgeschlossen. In ihrer Berliner Arena, gebaut vom US-Milliardär und Klubeigner Anschutz, erreichten sie den bombastischen Zuschauerschnitt von gut 14.000, zudem glänzt das von Don Jackson gecoachte Team mit für deutsche Verhältnisse schnellem und technisch anspruchsvollem Eishockey.

Von der Finanzausstattung her hätten eigentlich die Adler Mannheim, die immer noch von Dietmar Hopp unterstützt werden, Berlin das Wasser reichen sollen. Doch sie verpassten mit einer teuren, aber schlecht zusammengestellten Mannschaft die Playoff-Teilnahme. Trotzdem will Hopp weiterzahlen.

Der Rest der Liga, mal abgesehen von Hamburg, das ebenfalls von Anschutz finanziert wird, befindet sich dagegen in einem permanenten Überlebenskampf. Allen voran der achtmalige Deutsche Meister Kölner Haie: Die Rheinländer scheiterten in den sogenannten Vor-Playoffs, in denen sich die Teams der Ränge sieben bis zehn um zwei Viertelfinal-Plätze zankten, am ERC Ingolstadt - und stehen vor dem Nichts.

Die Kölner erreichten zwar immer noch einen Schnitt von 10.000 Besuchern. Aufgrund der sportlichen Misere und schlechten Managements droht ihnen jedoch die Insolvenz. Überhaupt sind die K-Klubs momentan die größten Sorgenkinder der Liga: Auch die Kassel Huskies und die Krefeld Pinguine wissen noch nicht, wie sie ihre Finanzen in den Griff bekommen sollen, auch ihnen droht der Finanz-K.o.

Allerdings: Drei Klub-Pleiten in einem Jahr würden die Ligachefs, die die DEL trotz aller Probleme beharrlich als "Premiumprodukt" preisen, vielleicht zum Nachdenken bewegen. Dann müssten sie feststellen: Außer den Eisbären ist momentan nichts premium, es besteht vielmehr dringender Reformbedarf. Hier nur ein paar Punkte der Mängelliste: Die Hauptrunde ist mit ihren 56 Spielen ermüdend lang. Es gibt wie in Nordamerika keinen Auf- und Abstieg, was nicht ins deutsche Sportverständnis passt, da es als ungerecht und langweilig verstanden wird.

Das frei empfangbare Fernsehen ignoriert die DEL, eine kleine Auswahl ihrer Spiele ist lediglich im Bezahl-TV zu sehen. Somit gibt es kaum Fernseh-Einnahmen, und die Klub-Sponsoren zahlen vergleichsweise geringe Summen, da sie nur ein kleines Publikum erreichen. Zudem ist das sportliche Niveau der Liga erschreckend niedrig. In den meisten Klubs sind alte, langsame Nordamerikaner die Führungsspieler. Die Deutschen sind international nicht konkurrenzfähig, wie die blamablen Auftritte der deutschen Nationalmannschaft bei den Olympischen Winterspielen in Vancouver deutlich zeigten.

Nun wird gerade über die Kreation einer Europaliga diskutiert, die im August ein erstes Trainingscamp samt Turnier veranstaltet, an dem die Eisbären teilnehmen werden. Interesse, die marode DEL zu verlassen, besteht nach Aussage von Peter John Lee jedoch nicht. Wozu auch? Die Zuschauer rennen den Eisbären die Arena ein - und stören sich nicht daran, dass die nationale Konkurrenz nicht mithalten kann.

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4 Kommentare

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  • PU
    Peter Ulrich

    Ach Christiane...in drei Spielen abservieren... damit konnte man nur rechnen wenn man noch nie in einem playoff-Spiel im alten Augsburger Stadion war. Die Eisbären müssen schon ihre Heimspiele gewinnen, sonst wird es schwierig werden für sie.

    Und was das Geld angeht. Für unseren belächelten kleinen Verein würde die Welt nicht zusammenbrechen wenn es den einen oder anderen norddeutschen Großstadtklub in die Insolvenz verschlägt. Lasst die Orte wieder aufsteigen wo wirlich Eishockey gespielt wird (Riessersee, Kaufbeuren, Landshut, Schwenningen ....) Warum haben die und teilweise auch wir keine so guten Teams mehr? Weil uns jedes Talent auf der Stelle von den Insolvenzanwärtern weggekauft wird. Was würden die Eisbären ohne Anschütz machen - immer noch in Hohenschönhausen spielen und sich freuen wenn sie die playoffs alle paar Jahre mal erreichen - so wie wir in Augsburg.

  • D
    derherold

    Man hat sich verkalkuliert.

    Mit der Gründung der DEL wollte man gordische Knoten zerschlagen: Das alte "Großstadt-Gesetz", daß dort nur Spitzenleistung/Meisterschaft von Zuschauern honoriert wird, sollte durch neue Multifunktionshallen überwunden werden, die zugleich auch durch "neue Zielgruppen" der Demographie ein Schnippchen schlagen sollten.

    GmbH-Gründung, "maskottchenmarketinggerechte" Namensgebung, Planungssicherheit durch Aussetzung des Abstiegs sollten für wirtschaftlich prosperierende Zeiten sorgen. Man wollte (auch: TV-)Märkte erobern.

     

    Ein paar kleine handwerkliche Fehler, wie die fehlende Förderung des Nachwuchses im Juniorenalter und das beständige "Absaufenlassen" aller Vereine unterhalb der DEL, die wie eh und jeh mit Insolvenzen für Negativschlagzeilen sorgen, kommen hinzu.

     

    Bemerkenswert, daß diese negativen Folgen nicht zu Änderungen geführt haben und man sich weiter "durchmogelt". Einzig beim Nachwuchs hat man sich nun endlich doch gerührt und jüngst die Altersgruppen modifiziert.

  • K
    kevin

    das hockey in deutschland ist schlicht un ergreifend schlecht es gibt kaum anreize hockey zu spielen als kind wo auch es gibt so gut wie keine sehr gute jugendarbeit. wie schon im artikel beschrieben beschränken sich die einkäufe auf alte amis das problem: die sind aber immer noch zehnmal besser als die schlecht ausgebildeten jungen spielern. ich weiss der vergleich hinckt denn in den USA ist hockey im norden echter nationalsport aber die kids ham auch vorbilder "rowmodels" wie der ami sagt, aber hier isses der namenlose amerikaner.

  • K
    Kalix

    Nicht schlecht, aber zu kurz gesprungen.Frage: woher kam die finanzielle Sicherheit der Eisbären in den mehr als 10 Jahren? wo man im Wellblechpalaste im Durchschnitt unter 4.000 Zuschauern spielte; schwarze, frühere Kassen aus den guten alten Zeiten? Zur DEL - das System ist pleite; zu wenig Indentifikation der deutschen Zuschauer mit den Nordamerikanern. Mit Gewalt, gegen das Publikum, gegen die Spieler will man eine 2. NHL installieren und verschliesst die Augen, dass seit Jahren regelmässig ein Verein aufgibt bzw. seit 2 Jahren der Sieger aus der Bundesliga auf den Ausstieg in die DEL verzichtet. Köln hatte in den letzten 10 Jahren 30 MIO € verbrannt; ohne Hopp spielte Mannheim in der Regionalliga; Nürnberg steht jedes Mal vor dem Abgrund, Krefeld und Düsseldorf liegen auf der Intensivstation; zum Schluss haben wir DDR Verhältnisse -

    Eisbären - Adler

    Adler - Eisbären usw.