■ Filmstarts à la carte: Aliens nur auf der Durchreise
Nur selten hatte Hollywood- Regisseur Leo McCarey ein fertiges Drehbuch vorliegen, wenn er mit den Dreharbeiten zu seinem neuen Film begann. McCareys Stärke lag in der Improvisation – eine Arbeitsweise, die er in den zwanziger Jahren bei der Zusammenarbeit mit Komikern wie Laurel & Hardy oder Charley Chase kennengelernt hatte. Bei den Aufnahmen zur Screwball- Komödie The Awful Truth (1937) verhielt es sich nicht anders: McCarey ließ sein Team am Drehort einfach warten und spielte so lange Klavier, bis ihm etwas Brauchbares eingefallen war. Das Ergebnis seiner Bemühungen ist das wohl amüsanteste Beispiel einer sogenannten „comedy of remarriage“: Ein geschiedenes Ehepaar (Cary Grant und Irene Dunne) vergrault sich gegenseitig die neuen Partner und findet wieder zusammen. Der Humor des Films wird weitgehend visuell vermittelt: Slapstickeinlagen und die peinlichen Situationen, in die alle Figuren ständig geraten, transportieren mehr Witz als Dialog. Peinlichkeiten liebte McCarey über alles: So entstand beispielsweise die Szene, in der Irene Dunne Ralph Bellamys Vortrag von „Home on the Range“ am Klavier begleitet, als Mc Carey herausfand, daß Bellamy nicht singen konnte und auch Dunnes Fähigkeiten am Piano alles andere als konservationsreif waren.
Nicht erst seit „Independence Day“ wissen wir, daß Außerirdische ihre größte Freude darin sehen, die Menschheit zu vernichten und Freiheitsstatuen in den Dreck zu kippen. Besonders beliebt waren solcherlei Invasionsszenarien in den fünfziger Jahren, als auch It Came from Outer Space (1953) entstand. Doch Jack Arnolds erste Science-Fiction- Produktion stellt eine Ausnahme dar: Nach einer Notlandung auf der Erde wollen die Aliens lediglich ihr Raumschiff reparieren und so schnell wie möglich weiterfliegen. Der deutsche Titel Gefahr aus dem Weltall verfälscht denn auch die Aussage des Films, in dem nicht die Außerirdischen, sondern die Menschen die eigentlichen Monster sind: Alles Fremde macht ihnen angst und soll deshalb gleich vernichtet werden. Wie so oft in Arnolds Filmen sind die Schauplätze die heimlichen Hauptdarsteller: In der tristen Kleinstadt inmitten der Wüste herrscht eine Atmosphäre der Engstirnigkeit und latenten Gewalt.
Damit die Menschen in der Depressionsära nicht vollends in Schwermut verfielen, hatte das UFA-Kino der frühen dreißiger Jahre stets ein paar tröstende Worte parat: „Einmal schafft's jeder“, singen Willy Fritsch, Lilian Harvey und Willi Forst in „Ein blonder Traum“ (1932) von Paul Martin, und versprechen: „Wir versagen nicht, und wir klagen nicht, wenn man uns die Hoffnung läßt.“ Und so haben die Protagonisten trotz Weltwirtschaftskrise stets ein fröhliches Lied auf den Lippen. Man lebt „auf der grünen Wiese“ in ausrangierten Eisenbahnwaggons, schlägt sich die großen Träume von der glänzenden Filmkarriere aus dem Kopf und optiert ganz im Sinne der Staatsräson für das kleine private Glück.Lars Penning
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen