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■ Filmstarts à la carteDokumentarfilm mit Tricktechnik

Gar seltsam und verschlungen winden sich gelegentlich die Pfade zum Erfolg: Eigentlich waren Merian C. Cooper und Ernest B. Schoedsack anerkannte Schöpfer von Dokumentarfilmen und besaßen nur wenig Spielfilmerfahrung, als sie gemeinsam mit Edgar Wallace auf die Idee verfielen, einmal eine Geschichte zu erzählen, in deren Mittelpunkt ein riesiger Gorilla stehen sollte. Vom kommerziellen Standpunkt aus gesehen, war das zweifellos ein goldener Einfall. „King Kong“ wurde zu einem der erfolgreichsten Monsterfilme aller Zeiten. Und im Grunde ist es doch ein Dokumentarfilm geworden – über eine phantastische, fiktive Welt, deren prähistorisch- animalische Bewohner Trickspezialist Willis O'Brien mit Hilfe von Modellen im Stop-Motion-Verfahren erschuf. Was für viele Jahrzehnte wegweisende Bedeutung in der Tricktechnik haben sollte, besitzt im Zeitalter der Computernanimation immerhin noch nostalgischen Charme.

Charmant ist auch das Objekt der Begierde des großen haarigen Gesellen – jene „weiße Frau“, auf die der deutsche Verleihtitel glaubt uns noch gesondert hinweisen zu müssen. Verkörpert wurde sie von der gebürtigen Kanadierin Fay Wray, die sich zuvor bereits in Stummfilmen von Sternberg und Stroheim einen Namen gemacht hatte. Richtig berühmt wurde sie jedoch, als sie die Aufforderung von Regisseur Cooper beherzigte: „Scream for your life, Fay!“ In den Jahren 1932/33 wurde sie zur „scream queen“ des amerikanischen Horrorfilms – in gleich einem halben Dutzend Filmen hetzten und jagten Monster und Mörder aller Art die junge Schauspielerin über die Leinwand. Und sie überzeugte, weil sie in ihrem Spiel natürlich und eher zurückhaltend war – auch unter der blonden Perücke und hinter dem Sexbomben- Image der Eve in „King Kong“ vermag man das zu spüren.

Als ich mir im Dezember 1983 in der Lupe 2 Robert Bressons „Das Geld“ ansah, verlangte ein aufgebrachter Zuschauer nach der Vorstellung prompt das seinige zurück, „angesichts dieses Mistes“. Offenbar hatte jener Mensch etwas Schwungvolleres erwartet – das spröde und radikale Meisterwerk des französischen Regisseurs traf ihn gänzlich unvorbereitet.

„Das Geld“ erzählt davon, wie es ist, den Zaster zu besitzen; davon, wie es ist, nichts zu haben; und davon, was passiert, wenn falsches Geld in die falschen Hände gerät. Und Bresson zeigt, wie die Reichen dabei immer auf die Füße und die Armen immer auf die Fresse fallen.

Die Entwicklung eines jungen Lastwagenfahrers, an dem ein falscher Geldschein „kleben“ bleibt, zum Mörder derer, die es doch eigentlich gut mit ihm meinen, erscheint da folgerichtig als einzig denkbare Konsequenz.

Bressons Stil ist unnachahmlich und unerbittlich: In seinen Filmen erzählt eine einzige präzise Einstellung meist mehr, als andere Regisseure in einem ganzen Film zusammenfabulieren können. Beeindruckend – wenngleich offenbar nicht für jeden.

Lars Penning

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