Filmstarts à la carte: Verloren im Schaumbad
Die Rolle des trotteligen Inspektors Clouseau, dessen merkwürdige Ermittlungen zwar regelmäßig im Chaos enden, jedoch auch stets zum Erfolg führen, hat den britischen Schauspieler Peter Sellers weltweit bekannt gemacht. In der weniger bekannten Komödie „Der Partyschreck“ von Blake Edwards verkörpert Sellers hingegen den indischen Kleindarsteller Hrundi V. Bakshi, der mit seiner Tollpatschigkeit gerade die Produktion eines Historienfilms ruiniert hat und nun versehentlich zur schicken Hollywood-Party des Studiobosses eingeladen wird. Die Komik beruht bei Sellers auf der Entfremdung von seiner Umwelt: Verlegen und völlig verloren wandert Bakshi durch die große Villa. Er kennt niemanden auf dieser Party, man behandelt ihn höflich, aber desinteressiert, seine Versuche, sich in Gespräche einzuklinken, scheitern: Die oberflächliche Welt der Schönen und Reichen bleibt ihm vollkommen fremd. Und anders als etwa ein Buster Keaton, der sich die Gegenstände einer feindlichen Umwelt in Blitzesschnelle aneignen und zu seinem Vorteil verwenden kann, steht Sellers mit allen Dingen auf dem Kriegsfuß: von der Elektrotechnik des Hauses, mit der er unter anderem ein Springbrunnenmännchen zu voller Pinkelleistung veranlasst, bis zur simplen Klospülung, deren Versagen dazu führt, dass Bakshi ein Badezimmer als Schlachtfeld hinterlässt. Die Gags sind von langer Hand vorbereitet, oft treten sie verzögert, manchmal fast beiläufig ein. Die Katastrophen steigern sich allerdings in zunehmenden Maße: Geht ihm am Anfang nur ein beschmutzter Schuh in der Poolanlage des Hauses verloren, so verlässt Bakshi die Party nicht eher, bis er die Villa schließlich in einem gewaltigen Schaumbad ertränkt hat.
„Der Partyschreck“ 28. 9. im Filmtheater am Friedrichshain, 30. 9. im Delphi
Dass Pedro Almodóvar, der Meisterregisseur absurder Frauenmelodramen, Joseph L. Mankiewicz „All About Eve“ zu seinen Lieblingsfilmen zählt, sollte nicht verwundern. Handelt die Komödie doch mit zynischem Witz von der komplizierten Beziehung zweier Frauen im Showgeschäft: Bette Davis verkörpert den 40-jährigen Theaterstar Margo Channing, dem das „Alter“ langsam zu schaffen macht; Anne Baxter spielt die servile vermeintliche Bewunderin Eve Harrington, die es tatsächlich nur auf Margos Rolle abgesehen hat. Dass das Dasein als Star jedoch kein Zuckerschlecken ist, lebt ihr Margo derweil schon einmal vor: Der Bühnenautor schreibt ständig Stücke, in denen die weibliche Hauptfigur bestenfalls 20 Lenze zählt. Und weil ihr Regisseur und Liebhaber um einige Jahre jünger ist als sie, wird Margo von Verlustängsten geplagt, die sie hinter primadonnenhaften Allüren zu verstecken sucht. In „All About Eve“ wird nicht nur auf, sondern vor allem hinter der Bühne Theater gespielt. Und die berechnende Eve erlebt, als sie sich schließlich am Ziel ihrer Träume wähnt, eine böse Überraschung: In der Garderobe wartet schon die „Bewunderin“. Der deutlichste Bezug von „All About Eve“ zum Werk von Pedro Almodóvar, das jetzt in einer umfangreichen Werkschau im Filmmuseum Potsdam, im Arsenal sowie im Delphi und International gewürdigt wird, findet sich natürlich in „Alles über meine Mutter“, wo sich eine alternde Schauspielerin um die Beziehung zu ihrer viel jüngeren drogensüchtigen Freundin sorgt und in ein äußerst kompliziertes Melodram verwikkelt wird, das ironisch mit den Gesetzen des Genres spielt.
„All About Eve“ (OF) 2. 10. im Arsenal, „Alles über meine Mutter“ (OmU) 3. 10. im Arsenal
Für ein völlig neues Zeitempfinden im Kino sorgte Andy Warhol 1964, als er acht Stunden und fünf Minuten lang das Empire State Building in einer einzigen starren Einstellung von der Nacht bis in den Morgen hinein filmte. Mit seinem bahnbrechenden Experimentalwerk eröffnet das Arsenal in Ergänzung der Warhol-Retrospektive in der Neuen Nationalgalerie eine umfassende Reihe der filmischen Arbeiten Warhols.
„Empire“ 2. 10. im Arsenal
Lars Penning
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