piwik no script img

Filmfestival in CannesWaltz und Haneke ausgezeichnet

Gleich zwei Österreicher gewinnen in Cannes Auszeichnungen - Haneke für seinen Film "Das weiße Band", Waltz für seine Rolle als Nazi-Oberst im neuen Tarantino. Beste Darstellerin ist Charlotte Gainsbourg.

Waltz öffnet den Kasten mit seiner Auszeichnung vor der Presse. Bild: reuters

CANNES dpa | Zwei der wichtigsten Preise in Cannes gingen dieses Jahr nach Österreich: Regisseur Michael Haneke erhielt die Hauptauszeichnung, die Goldene Palme, für den besten Film "Das weiße Band".

Der Preis für den besten männlichen Schauspieler dieses 62. Festivals in Cannes ging an Christoph Waltz. Dieser wurde am Sonntagabend ausgezeichnet für seine Leistung in dem Film "Inglourious Basterds" von Quentin Tarantino. Als beste weibliche Darstellerin freute sich die Französin Charlotte Gainsbourg über die Würdigung ihrer harten Rolle in "Antichrist" von Lars von Trier.

Der Große Preis der Jury ging an den Franzosen Jacques Audiard für das Gefängnisdrama "Un Prophète". Den Preis der Jury teilen sich zu gleichen Teilen die Britin Andrea Arnold für das Sozialdrama "Fish Tank" und der Südkoreaner Park Chan-wook für seien Vampirfilm "Thirst" (Durst).

Michael Haneke war auf der Bühne im Festivalpalais sichtlich gerührt. "Manchmal fragt mich meine Frau eine typisch weibliche Frage, ob ich glücklich bin. Das ist schwer zu beantworten. Aber heute Abend kann ich sagen, dass ich sehr glücklich bin."

Sein in Schwarzweiß gedrehtes Drama mit dem Untertitel "Eine deutsche Kindergeschichte" spielt in einem Dorf in Norddeutschland zur Zeit vor dem Ersten Weltkrieg. Haneke zeigt die autoritären Strukturen in den Familien und in der Dorfgesellschaft, die Verinnerlichung von Werten durch die Kinder und geht damit den Ursachen von Terror und Gewalt auf den Grund.

Hanekes Film wirkt zunächst spröde und rätselhaft, hallt aber lange im Gedächtnis nach. "Er erzählt sehr wichtige Dinge, aber er zeigt sie sehr subtil", würdigte die Jury-Vorsitzende Isabelle Huppert ihren Freund Haneke nach der Zeremonie. "Das weiße Band" kommt am 12. November in Deutschland in die Kinos.

Es ist genau 25 Jahren her, dass zuletzt ein deutschsprachiger Film in Cannes gewinnen konnte - damals war es Wim Wenders "Paris, Texas".

Der andere österreichische Preisträger des Abends in Cannes, Christoph Waltz (52), ist bisher vor allem als Charakterdarsteller ("Roy Black") in deutschen Fernsehfilmen bekanntgeworden. Er bedankte sich überschwenglich bei Regisseur Tarantino: "Du hast mir meine Berufung zurückgegeben!"

Und auch für seinen "Basterd"-Kollegen Brad Pitt, den Waltz nach Ansicht vieler Kritiker locker an die Wand gespielt hat, fand er warme Worte: "Danke, dass Du mir auf Augenhöhe begegnet bist." Für Waltz bedeutet der Festivalauftritt den sicheren Schritt in eine internationale Karriere. "Dieses Ereignis hat mich in ein neues Leben katapultiert", sagte schwärmerisch schon vor der Preisvergabe auf dem Roten Teppich.

"Antichrist" von Lars von Trier ist angeblich eine Art Therapie des Filmemachers gegen seine eigene Depression, wie der Filmemacher im Pressetext zum Film erzählt. "Beste Darstellerin" Charlotte Gainsbourg spielt mit Willem Dafoe ein zerrüttetes Paar, das sich nach dem Tod des gemeinsamen Sohnes in eine Hütte im Wald zurückzieht. Gainsbourg gleited langsam in den Wahnsinn, während ihr Mann sie zu therapieren versucht.

Insgesamt liefen in diesem Jahr in Cannes 20 Filme im Wettbewerb um die Goldene Palme. Viele von ihnen boten ausgiebige Darstellungen von Sex und Gewalt. Auf dem Roten Teppich wurde etwas weniger Glamour zu Schau getragen, nur wenige Superstars zeigten sich den Fans.

Die internationale Finanz- und Wirtschaftskrise war beim Festival an der Côte d'Azur deutlich zu spüren: Die Organisatoren veröffentlichten zwar keine konkreten Zahlen, aber Fachblätter schätzten, dass vor allem die Zahl der Branchenteilnehmer auf dem Internationalen Filmmarkt um mindestens ein Viertel gegenüber dem extrem gut besuchten Jahr 2008 gesunken sei.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!