Festivals: "Müll ist das Problem Nummer eins"
Die Organisatoren des Karnevals der Kulturen laden zur Konferenz. Thema: Wie können Straßenfeste umweltfreundlicher gestaltet werden?
taz: Frau Gertsas, sind Straßenfestivals Umweltverschmutzung?
Vassiliki Gertsas: Straßenfestivals wie der Karneval der Kulturen bedeuten Lebenslust und Genuss - aber sie sind natürlich auch eine Belastung für Umwelt und Anwohner. Das Thema beschäftigt uns schon seit einigen Jahren, weil wir sehen, wie viel Müll am Ende auf der Straße liegen bleibt. Aber auch, weil Anwohner sich beschweren - nicht oft, aber es kommt doch immer wieder vor.
Sie laden ab morgen zu einer zweitägigen Konferenz zu "nachhaltigen Straßenfestivals in der Stadt". Wie kam es dazu?
Die Idee gibt es schon länger. Wir haben im Frühjahr 2010 an der Konferenz "Green Events" teilgenommen, bei der es darum ging, wie Großveranstaltungen umweltfreundlicher organisiert werden können. Aber dort ging es hauptsächlich um Musikfestivals irgendwo auf einer grünen Wiese. Da haben wir festgestellt, dass unsere Probleme als Festivals in der Stadt mit 50.000 oder mehr Besuchern doch andere sind.
Weshalb?
Straßenfestivals in der Stadt finden nicht in einem abgegrenzten Raum statt. Jeder kann kommen und gehen, wann er will. Dadurch haben wir auch keine Möglichkeit, durch Kontrollen oder Regeln auf das Verhalten der Besucher Einfluss zu nehmen - also etwa für Müll oder Flaschen Pfand zu nehmen, das die Besucher erst wieder zurückbekommen, wenn sie das Leergut auch wieder mitnehmen. Lärm spielt weitab von den Städten auch keine Rolle.
Am 2. und 3. Februar laden die Organisatoren des Karnevals der Kulturen zur Konferenz "Sustainable Urban Streetfestivals". Auf der ersten europaweiten Konferenz zum Thema wollen sich Organisatoren städtischer Straßenfesten darüber austauschen, wie Festivals umweltfreundlicher gestaltet werden können. Themen sind etwa Feiern ohne Müll, Energieeffizienz und umweltfreundliches Catering. Für die Veranstaltung ist eine Anmeldung unter www.karneval-berlin.de erforderlich.
Vassiliki Gertsas
33, arbeitet seit drei Jahren im Organisationsbüro des Karnevals der Kulturen. Das Straßenfestival zieht jedes Jahr an Pfingsten durch Kreuzberg.
Was ist das größte Problem beim Karneval der Kulturen?
Der Müll. Viele Leute bringen Flaschen mit oder kaufen sich welche bei fliegenden Händlern. Und dann lassen sie sie einfach irgendwo auf der Straße liegen, anstatt sie zurück zum Supermarkt oder wenigstens zu den bereitgestellten Containern zu bringen.
Auf der Konferenz soll darüber debattiert werden, wie man damit besser umgehen kann?
Erst mal geht es um den Austausch, das Teilen gemeinsamer Erfahrungen. Zur Konferenz kommen Vertreter von städtischen Veranstaltungen aus ganz Europa: vom Berlin-Marathon und dem Theaterfestival "Berlin lacht", aus Bielefeld, Paris, Bologna oder dem schwedischen Uppsala. Das Interesse am Thema ist groß. Wir wollen lernen, wie andere diese Probleme lösen und die besten Ideen weitergeben. Wenn daraus eine langfristige Kooperation entsteht oder gar gemeinsame Standards, noch besser.
Wie könnten die aussehen?
Auf manchen Straßenfestivals sind "Waste guards", also Müllwächter unterwegs, die die Leute darauf aufmerksam machen, dass sie ihren Müll in die Tonnen werfen und nicht einfach auf den Boden. Manche Festivals setzen darüber hinaus wenigstens teilweise Solarzellen ein oder nutzen grünen Strom.
Warum macht das der Karneval der Kulturen nicht?
Wir nutzen einen Anschluss von Vattenfall, da ist es uns nicht möglich, Strom aus regenerativer Erzeugung zu verwenden. Solarzellen können wir uns nicht leisten, auch Müllwächter zu bezahlen ist bei uns nicht möglich. Viele gute Ideen scheitern einfach am Geld - wir sind ja eine Non-Profit-Organisation, die keinen Gewinn erwirtschaftet.
Was bleibt dann übrig?
Mal sehen, was uns im Austausch mit anderen Verbesserungen einfällt. Woran wir auf jeden Fall arbeiten werden, ist die Kommunikation mit den Besuchern: Wie können wir ihnen bewusst machen, sich weniger umweltschädlich zu verhalten?
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
BSW in Koalitionen
Bald an der Macht – aber mit Risiko
Dieter Bohlen als CDU-Berater
Cheri, Cheri Friedrich
Hybride Kriegsführung
Angriff auf die Lebensadern
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag