Fernsehduell der Demokraten: Clintons Stern sinkt
Im Duell der demokratischen Kandidaten geht Clinton in die Offensive - und wird dafür ausgebuht. Obama siegt unterdessen bei den US-Auslandsbürgern.
Der elfte Wahlsieg Barack Obamas in den letzten zwei Wochen ist mehr symbolischer Natur, aber er macht ein weiteres Mal deutlich, wie hart der Sieg in diesem Vorwahlkampf errungen werden muß. Während sich die beiden demokratischen Konkurrenten Obama und Clinton in einer live aus Austin, Texas, übertragenen Fernsehdebatte gezielte Seitenhiebe verpassten, kam die Nachricht, der schwarze Senator habe nun auch bei den US-Bürgern im Ausland gewonnen.
In rund 30 Ländern konnten am Donnerstag die Parteianhänger über Internet, per Brief oder in Wahllokalen abstimmen. Sie stimmten mit 65,6 Prozent für den Senator von Illinois und mit 32 Prozent für die Senatorin aus New York. Die Auslands-Bürger stellen insgesamt vier Delegierte für den Nominierungsparteitag der Demokraten im August.
In Austin hatte die beiden Bewerber erneut der US-Kabelsender CNN eingeladen, sich vor den möglicherweise entscheidenden US-Präsidentschaftsvorwahlen in Ohio, Texas, Vermont und Rhode Island am 4. März ein weiteres Mal zu duellieren. Während Obama Frontalangriffe gegen seine Rivalin vermied, ging Clinton bei der 90-minütigen Debatte immer wieder in die Offensive.
Erneut beschuldigte sie Obama des Plagiats und sagte, er stehe für "einen Wandel, den er mit dem Fotokopierer erreicht". Clinton spielte damit auf Vorwürfe an, Obama habe Slogans seines Parteifreundes, des schwarzen Gouverneurs von Massachussetts, Deval Patrick "geklaut". Obama reagierte darauf leicht genervt mit dem Hinweis, dass Patrick der Ko-Vorsitzende seines Wahlkampfteams sei und ihm ausdrücklich angeboten hatte, seine Zitate zu verwenden. Als Clinton insistierte, er solle, wenn er schon so großen Wert auf Worte lege, doch wenigstens seine eigenen nehmen, buhte das Publikum sie aus. Obama konterte mit dem Appell, beide sollten sich nicht gegenseitig niedermachen, "sondern eher das Land aufrichten", schließlich seien solche Vorwürfe der "Auftakt zur Zeit der Albernheiten".
Hitziger wurde die Debatte, als es um die Pläne einer zukünftigen Krankenversicherung ging. Hier stritten sich beide um die Behauptung Clintons, Obamas Plan, der sich weitgehend mit ihrem deckt, lasse 15 Millionen US-AmerikanerInnen unversichert - was Obama rundheraus bestritt. Er sprach davon, sein Plan verfahre lediglich nach einer anderen, auf Freiwilligkeit basierenden Methode, um das Problem der 47 Millionen unversicherten Menschen in den USA zu lösen.
Unterschiedliche Auffassungen wurden auch deutlich, als beide von einem Moderator aus der Latino-Community gefragt wurden, wie sie mit Kuba umgehen würden. Clinton sagte, sie würde sich als US-Präsidentin erst dann mit dem designierten kubanischen Staatschef Raúl Castro zusammensetzen, wenn dieser politische Reformen umgesetzt habe. Sie nannte die Verwirklichung grundlegender Freiheitsrechte und eine offenere Wirtschaftsordnung als wesentliche Voraussetzungen. Obama erwiderte, er befürworte Gespräche ohne Vorbedingungen. Auf der Tagesordnung müsse dann aber die Frage nach den Menschenrechten stehen. Als Clinton Obama erneut vorwarf, er halte zwar tolle Reden, biete aber nichts als schöne Worte, antwortete Obama leicht ironisch, dann seien also alle Wählenden, die für ihn gestimmt hätten, alle Menschen und Zeitungen, die ihn unterstützen, "wahnhaft".
Hillary Clinton landete zum Schluß der Debatte noch einen Coup, indem sie etwas pathetisch sagte: "Es ist eine absolute Ehre, gegen Barack Obama anzutreten" und, "egal, wie dieser Wettstreit ausgeht, für uns wird es in Ordnung sein. Wir haben starke Unterstützung von Familie und Freunden". Von der plötzlichen Charmeoffensive war offensichtlich auch Obama überrascht. Das Publikum gab Clinton dafür stehende Ovationen - und Obama kam gar nicht mehr dazu, selber noch ein Schlußwort zu sprechen.
Obama, der zu Beginn des Wahlkampfes bei TV-Duellen hölzern gewirkt hatte, kann mit dem Format mittlerweile besser umgehen. Am Donnerstag machte er zwar keinen spritzigen, dafür aber einen sehr souveränen Eindruck. Analysten waren sich nach der Debatte einig, dass Clinton an dem Abend in Austin wohl nicht genug erreicht habe. Die Erwartungen an die ehemalige First Lady waren hoch gewesen: Sie werde mit ihrem zuverlässig kompetenten Stil Obamas Vorwärtsdrall stoppen können, hatten ihre Unterstützer gehofft.
Bei den Delegierten für den Parteitag hat Obama nach der Zählung der Nachrichtenagentur AP einen Vorsprung von 1.358 vor Clinton mit 1.264. Für die Präsidentschaftskandidatur werden 2.025 Stimmen benötigt. Im Clinton-Lager wird bereits eingeräumt, dass die New Yorker Senatorin am 4. März sehr deutlich gewinnen muss, um noch eine Chance zu haben. Vor diesem Hintergrund hatten viele Experten bei der Debatte einen noch aggressiveren Kurs Clintons erwartet. Jüngsten Meinungsumfragen zufolge liegen Obama und Clinton in Texas gleichauf mit je 47 Prozent.
Bei den Republikanern gab es unterdessen Wirbel, nachdem die New York Times vom Donnerstag berichtet hatte, der mutmaßliche Präsidentschaftskandidat John McCain habe während seiner letzten erfolglosen Präsidentschaftsbewerbung im Jahr 2000 eine Liebesaffäre mit einer Lobbyistin gehabt. McCain sprach von einer Schmutzkampagne und betonte, er habe kein außereheliches Verhältnis gehabt. Die Berichte der "liberalen Kampfpresse" seien unwahr, erklärte der Senator am Donnerstag auf einer Pressekonferenz. Neben ihm stand seine lächelnde Frau Cindy.
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