Ferienwohnungen: Feriengäste blockieren Wohnungen
Die Behörden gehen verstärkt gegen die illegale Vermietung von Wohnungen an Touristen vor. Vor allem in Hamburg soll der Wohnungsmarkt geschützt werden.
HAMBURG taz | Im Norden gehen die Behörden seit einiger Zeit verstärkt gegen die illegale Nutzung von Wohnungen als Ferienwohnungen vor. In Hamburg reagiert der Senat darauf, dass die Vermietung an Touristen – seit einiger Zeit verstärkt über das Internet – das ohnehin schon zu kleine Wohnungsangebot noch knapper macht. Die Touristenorte reagieren auf ein Urteil aus dem vergangenen Jahr, das klargestellt hat, dass Ferienwohnungen in reinen Wohngebieten eine unzulässige gewerbliche Nutzung darstellen. Dagegen wehren sich nun wieder die Vermieter.
In Hamburg kommen beim Problem der Ferienwohnungen zwei Phänomene zusammen: der zunehmende Tourismus und die wachsende Einwohnerzahl. Anfang 2012 hatte der Verein „Mieter helfen Mietern“ (MHM) Alarm geschlagen: 1.500 Feriendomizile in Hamburg seien eigentlich Mietwohnungen. Die Urlauber in den Wohnungen machten Lärm, brächten Unruhe in die Häuser und verschärften die Wohnungsnot.
Wohnungen als Ferienwohnungen zu nutzen, ist nach dem Hamburgischen Wohnraumschutzgesetz nur erlaubt, „wenn ein öffentliches oder ein berechtigtes Interesse Verfügungsberechtigter oder Nutzungsberechtigter vorliegt, welches das öffentliche Interesse am Erhalt der Wohnnutzung überwiegt“. Das heißt, die Nutzung als Ferienwohnung muss genehmigt werden, es sei denn, jemand vermietet die Wohnung unter, während er im Urlaub ist oder im größeren Teil noch wohnt.
In Hamburg und Schleswig Holstein boomt der Tourismus. In den vergangenen zehn Jahren ist die Zahl der Übernachtungen hier stark angestiegen: Das Statistikamt Nord zählte im Jahr 2003 noch 5,4 Millionen Übernachtungen in Hamburg. 2013 waren es bereits 11,6 Millionen. Schleswig Holstein verbuchte 2003 rund 20,7 Millionen Übernachtungen, im Jahr 2013 waren es rund 24,8 Millionen. In den ersten Monaten des Jahres 2014 nahm die Zahl der Übernachtungen sowohl in Schleswig Holstein als auch in Hamburg im Vergleich zu 2013 zu. In Schleswig Holstein bis Mai um 5,7 Prozent und in Hamburg um 3,7 Prozent.
Der SPD-Senat schätzte die Zahl der illegalen Ferienwohnungen Mitte 2012 auf 600 bis 700. Geltend ab Mai 2013 verschärfte er das Wohnraumschutzgesetz und erschwerte damit unter anderem die Zweckentfremdung als Ferienwohnung. Der Senat stockte die Stellen für die Kontrollen von elf auf 14 auf. Künftig sollen schon fahrlässige Verstöße gegen das Gesetz und das Anbieten rechtswidriger Ferienwohnungen als Ordnungswidrigkeit geahndet werden können. Es droht ein Bußgeld von bis zu 50.000 Euro.
Nach den neuesten Zahlen des Senats wurden seit Ende 2012 rund 125 Ferienwohnungen wieder in Mietwohnungen verwandelt. Bei 150 Wohnungen laufe das Verfahren. Weitere 100 Fälle werden überprüft.
Eve Raatschen von MHM findet, es habe genutzt, das Problem an die Öffentlichkeit zu bringen. „Wir haben ganz viele Reaktionen bekommen von Vermietern, die sich geärgert haben“, sagt sie. Wenn ein Wohnungsmarkt so eng sei wie in Hamburg, sei diese Art der Geldmacherei nicht in Ordnung. In vielen deutschen Städten sei die Vermietung als Ferienwohnung nicht verboten.
Auch der rot-grüne Bremer Senat sieht kein Problem. Auf eine Anfrage der Linken vor einem Jahr antwortete er: „Auch wenn keine ermittelten Zahlen vorliegen, ist in der Praxis keine nennenswerte Anzahl an Umwandlungen von Wohnraum in Ferienwohnungen bekannt.“
In der Altstadt von Lübeck dagegen hat sich die „Interessengemeinschaft der Ferienvermieter“ mit einem offenen Brief dagegen verwahrt, sie vermieteten illegal. „Keiner von uns Vermietern arbeitet im Verborgenen“, heißt es in dem Brief. Die Angebote werden vielmehr sogar vom Tourismus-Marketing und vom Verkehrsverein vermarktet. 50 von 600 Wohnhäusern der zum Unesco-Welterbe gehörenden Altstadt werden nach Schätzung der Stadt an Gäste vermietet. Anwohner beklagen sich über Lärm und darüber, dass der empfindliche Mikrokosmos der Altstadt zerstört werde.
Gestört werde die Ruhe im Viertel allenfalls von Dauermietern oder Touristenführungen, kontern die Vermieter. Für arme Mieter kämen die Wohnungen ohnehin nicht in Frage. Und einen Bebauungsplan, der reines Wohnen vorschriebe, gebe es auch nicht.
In vielen Touristenorten Schleswig-Holsteins und Mecklenburg-Vorpommerns gibt es solche Bebauungspläne. Einige Gemeinden haben Hausbesitzern verboten, ihre Immobilien an Feriengäste zu vermieten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Landesparteitag
Grünen-Spitze will „Vermieterführerschein“
Die Wahrheit
Herbst des Gerichtsvollziehers