: Ferienprogramme
■ Ulrich Reineking-Drügemöller: Text as Text can
Immer wieder ein Fest ist es, wenn man irgendwo ein Exemplar des Bremischen Esotherik-Magazins Körper, Geist und Seele zu fassen kriegt. In der aktuellen Ausgabe empfielt Yogibär Bahjan das Singen und Chanten des Mantras Ang Sang Wahe Guru in beliebiger Länge, um damit den Frieden am Golf zu sichern. Im einschlägigen Fachbuchhandel gibt es für diese Zeit der Herausforderung auch noch eine sehr schöne Musikcassette als Meditationshilfe. Bitte unbedingt für den nächsten Krieg vormerken!
Einen Clown verpflichtet hatte die Carl-Schurz-Gesellschaft für eine Kaffee-Runde mit den Familien Garlstedter Golf-GIs im gediegenen Rahmen der Bürgerpark-Meiereri. Sein Name tut nichts zur Sache. Feststehen dürfte jedoch, daß es sich nicht um einen ebenfalls anwesenden Herrn Louis Ferdinand von Preußen handelte, denn dessen Berufsbezeichnung wird im hiesigen Tagblatt mit Seine kaiserliche Hoheit angegeben. Wie hat der das nur ausgehalten unter all diesen aufrechten Republikanierinnen mit ihren einkrem-schlotzenden Ablegern?
Nun wird es ernst! Nicht nur (wie vor zwei Wochen schon an dieser Stelle geklagt) die Jever-Brauerei, sondern auch auch das Haus Beck & Co wird zum 1. April die Bierpreise erhöhen! Und wo bleibt das Kartellamt? Die Aktionsgruppe „Flaschenbiertrinker für den Frieden“ rüstet bereits zu einem Fahrradcorso nach Berlin, um bei den öberschten Preisrichtern geharnischten Protest anzumelden.
Wie schlimm es um die Schulsituation in Bremen bestellt ist, belegt als erschütterndes Dokument wirrsinnigen Satzbaus ein „Info-Letter“ der Jungen Union: „Die Wortbrüche der Bildungssenatoren (HBG, Kippenberg, AG, Barkhof) haben in Bremen traurigerweise bereits Tradition und die verbalen Purzelbäume von Senator Scherf die Vertrauenwürdigkeit in sein Wort; ein rein gymnasialen Schulzentrum — dieses Gebilde stellt schon einen Widerspruch in sich dar — an der Hermann- Böse-Straße einzurichten.“ Sollen doch erst einmal Deutsch lernen, die jungen Schnösels, oder einstweilen tollwutkranke Dackel im Tierheim an der Hemmstraße pflegen. Das fördert die charakterliche Entwicklung und verhindert zumindest zeitweise die Produktion solcher Infos.
Apropos Dackel: „Für jeden Hund das Richtige bietet der Gebrauchs- und Polizeihundesportverein seinen Gästen.“ Behauptet jedenfalls eine Pressemitteilung der 2. Vorsitzenden Britta Mahnke im Wortlaut. Angeboten wird nicht nur die Schutzhundprüfung, sondern auch der Breitensport mit Slalom-Lauf. „Es heißt nicht nur Hundesport, es ist auch aktiver Sport.“ Notorischen Nichtläufern unter den Hundesportlern wird alternativ die Sparte “Unterordnung“ angeboten. Treffpunkt ist immer wieder am Samstag ab 15 Uhr in Bremen Burg bei den Gas-Kavernen (!). Für Unterordnung sicher eine ganz feine Adresse.
In Nachfolge des jüngst pensionierten Polizei-Pressesprechers Hermann Scholz scheinen nunmehr auch junge Dichter am Polizeibericht mitzuwirken. So wird uns die „unliebsame Begegnung mit einer Wanderratte“ in Aumund so geschildert: „Da sie nicht schnell war, hielt der 19jährige an und ergriff die Ratte am Schwanz. Die Wanderratte war so langsam jedoch nicht; sie biß zu und erwischte den kleinen Finger der rechten Hand.“ Über das weitere Schicksal des lebend eingefangen Nagetieres erfahren wir noch, daß es „in einem Jutesack zur Wache in Walle gegeben“ wurde.
Ostern steht vor der Tür. So manche(r) mag nicht, muß aber schenken. Und da kommt vielleicht ein Geschenktip aus dem Hause Brinkmann recht, der „Ihr Foto als Puzzle in 112 Teilen“ zum Aktionspreis von 9,95 DM im Format 20x30 Zentimeter offeriert. Ist hier nicht die einzigartige Chance, die Zerrissenheit des modernen Menschen und die Komplexität seines Ringens um das humane Antlitz nachhaltig auszudrücken? Wird das Puzzle des eigenen Gesichts nicht zu einem Stück Gestaltarbeit und Selbstfindung? Gedanken, die zur Passionszeit passen, wie das Salz des Lebens zum hartgekochten Osterei...
Geburtstag feiern heute Paul Schockemöhle, Bruno Ganz, Marcel Marceau und Andre Heller. Vielleicht auch sie oder Du. Herzlichen Glückwunsch!
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen