NEBENSACHEN AUS JERUSALEM VON SUSANNE KNAUL : Ferienlager einmal anders
Vielseitige Angebote für gelangweilte Kinder
Juli/August sind die beiden Monate, auf die es sich in Israel gut verzichten ließe. Wer kann, sucht das Weite Richtung Norden, der Rest schleicht bei durchgängig 35 Grad erschöpft von einem klimaanlagengekühlten Raum zum nächsten; vom Auto zur Arbeit, vom Supermarkt zur Bank und schnell wieder zurück zum Auto. Juli/August bedeutet Dauerschnupfen und Halskratzen, denn dem Wechselbad von Wüste und Nordpol ist auch der gesündeste Körper nicht gewachsen.
Das Schlimmste an Juli/August sind dabei noch nicht einmal die Temperaturen. Juli/August, das heißt Sommerferien. Neun Wochen ohne Schulbus, der die kleinen Lieblinge pünktlich um 8 jeden Morgen abholt. Neun Wochen Kampf gegen exzessiven Fernseh- und Computerspielkonsum. Neun Wochen das Haus voller fremder Knirpse, bei denen daheim es offenbar noch langweiliger ist und die sich aufführen, als seien sie eben bei McDonalds eingetroffen, wo auf Zuruf mal ein Milkshake Banane, mal eine Cola mit Eiswürfeln und rotem Strohhalm geliefert wird.
„Kaitana“, so heißt das hebräische Zauberwort jeder Überlebensstrategie für die unterrichtsfreie Hitzeperiode, „Ferienlager“. Dabei muss der Nachwuchs ja nicht gleich in die Fremde geschickt werden. Der israelischen Mama reicht es schon, wenn die Kids tagsüber beschäftigt werden. und das nach Möglichkeit sinnvoll, also der jeweiligen Begabung angepasst. Je größer die Verzweiflung über den demonstrativ gelangweilten Nachwuchs, desto besser läuft das Geschäft mit dem sommerlichen Entertainment.
Es gibt nichts, was es nicht gibt. Ehemalige Nationalspieler und Olympiateilnehmer coachen die 7- bis 14-Jährigen im Basketball, Roller-Hockey, Surfen oder Tennis. Zwei Wochen Malkurs bei bekannten israelischen Künstlern kosten umgerechnet 250 Euro. Profileitfäden für die Interpretation von Popsongs vor Publikum „mit Erfolgsgarantie“ sind im Angebot oder auch „Jkids“ – „J“ steht für „Japan“, gemeint sind die jungen Freunde von Animationsfilmen aus Tokio und Sushi.
Innovative Technologie kombiniert mit Kreativworkshops und jüdischer Tradition, sprich: Horatanz in den Abendstunden und Hebräischunterricht, ist allerdings eher etwas für die Jugendlichen aus Übersee. Nicht länger auf der Angebotsliste stehen die Sommerlager für evakuierte Siedlerkinder aus Gaza. Und auch die von der Palästinensischen Autonomiebehörde finanzierten „Schahid“, auf Deutsch: „Märtyrer“-Trainingscamps mit Einzelunterricht an M16-Gewehren, gehören seit ein paar Jahren der Vergangenheit an. Etwas gefragter sind bei den politisch korrekten Eltern hingegen wieder die gemischten arabisch-jüdischen Friedenscamps.
Spätestens am 1. September zeigt sich, ob das Geld gut angelegt war. Dann bereitet der Filius aus rohem Fisch ein schmackhaftes Frühstück, während er im Michael-Jackson-Schritt durch die Küche steppt, um sich anschließend locker den Ball dribbelnd mit „Sajonara“ auf den Weg zum Schulbus zu machen.