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FeinstaubBerlin kann aufatmen

Wegen der Umweltzone gibt es sieben Prozent weniger Feinstaub in der Stadt. Die Umweltverwaltung denkt nun über mehr Tempo-30-Zonen nach.

Einmal tief einatmen: Autoabgase enthalten besonders viel Feinstaub. Bild: Alexander Rüsche/dpa

Erstmals seit 2008 hält Berlin die Feinstaub-Vorgaben ein. Laut EU soll innerhalb eines Jahres maximal an 35 Tagen mehr als 50 Mikrogramm Feinstaub pro Kubikmeter Luft gemessen werden. Nach Angaben des Umweltbundesamtes wurde dieser Wert bei der Messstation mit dem meisten Feinstaub – an der Silbersteinstraße in Neukölln – bisher nur an 30 Tagen überschritten. 2011 war die Luft noch an 54 Tagen zu schmutzig, 2010 an 56 Tagen und 2009 sogar an 73 Tagen.

Als Ursache für die sauberere Luft sieht die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt das Fahrverbot für Dieselfahrzeuge ohne Rußpartikelfilter innerhalb des S-Bahn-Ringes: „Durch die Umweltzone ging die Konzentration dieser Schadstoffe an innerstädtischen Straßen überproportional zurück“, heißt es im Entwurf der Senatsverwaltung für den neuen Luftreinhalteplan, der im kommenden Jahr vom Senat beschlossen werden soll. Ohne Umweltzone wäre die Feinstaubbelastung um sieben Prozent höher gewesen. Die Umweltverwaltung schlägt unter anderem mehr Tempo 30 auf Hauptverkehrsstraßen und weniger Parkplätze in der Innenstadt vor, um den Autoverkehr weniger attraktiv und die Luft noch sauberer zu machen.

Als Feinstaub werden Partikel bezeichnet, die so klein sind, dass sie in Nase und Rachen nicht hängen bleiben, sondern ungehindert in die Lunge gelangen. Dort können sie Entzündungen, Wucherungen, Asthma, Bronchitis oder Lungenkrebs auslösen. In bestimmten Konzentrationen führen sie auch zum Herzinfarkt. Berechnungen der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt für das Jahr 2009 zeigen, dass in Berlin rund 64.300 Anwohner von Hauptverkehrsstraßen einer gesundheitsschädlichen Feinstaubbelastung ausgesetzt sind.

Der Entwurf für den Luftreinhalteplan beschreibt auf gut 200 Seiten die Ursachen für den Feinstaub in Berlin und schlägt Maßnahmen für die Jahre bis 2015 vor. Sie gelten noch nicht automatisch, wenn der Plan vom Senat beschlossen wird, sondern müssen dann noch vom Abgeordnetenhaus besprochen und von den Senatsverwaltungen und den Bezirken umgesetzt werden.

Rund zwei Drittel des Feinstaubs stammt gar nicht aus Berlin, heißt es in dem Entwurf. Verantwortlich für die hohe Feinstaubbelastung ist demzufolge hauptsächlich der „grenzüberschreitende Transport der feinen Staubpartikel, die aus Industrieanlagen und der Hausheizung unserer osteuropäischen Nachbarstaaten stammen“.

Wie sauber die Luft in Berlin ist, hängt daher vor allem von der Windrichtung ab: „Erhöhte Tagesmittelwerte mit Ferntransporteinfluss treten überwiegend bei windschwachen Wetterlagen mit südöstlicher Windrichtungen und niedrigen Temperaturen auf.“ Gefordert wird daher eine „Obergrenze für den Gesamtausstoß der feinen Partikel in jedem EU-Mitgliedsland“. Die Bundesregierung solle zudem „den Dialog mit den osteuropäischen Nachbarstaaten über die Umsetzung zusätzlicher Maßnahmen zur Feinstaubminderung fortzusetzen“. Berlin werde „die dortigen Regionen und Kommunen bei der Umsetzung wirksamer Minderungsmaßnahmen unterstützen“.

Der Straßenverkehr in Berlin ist nur für 27 Prozent des Feinstaubs verantwortlich, der in Berlin eingeatmet wird. Ein Prozent kommt aus Heizungsanlagen und nur 0,5 Prozent aus der Industrie – die stößt zwar viel Feinstaub aus, aber in der Regel durch hohe Schornsteine, so dass nur ein sehr geringer Teil der Schadstoffe auf Straßenniveau ankommt, während der größte Teil entsprechend der Windrichtung in andere Regionen verteilt wird. Sieben Prozent des Feinstaubs schließlich stammen aus sonstigen Quellen, also von Baustellen, Schiffen, Flugzeugen, und der Holzverbrennung in Kaminöfen.

Die Verwaltung rechnet in dem Papier nun verschiedene Szenarien durch. Das weitgehendste dabei: Der Autoverkehr in Berlin wird reduziert, alle Staus vermieden werden, der Anteil an Elektrofahrzeugen steigt stark, alle Kohleöfen werden verboten, genau wie die Holzverbrennung im Kamin. Doch: „Auch mit diesen weitreichenden Annahmen kann eine Einhaltung des Grenzwertes für Feinstaub nicht erreicht werden, da die Vorbelastung so hoch ist.“ Das sei aber kein Grund, den Kopf in den Sand zu stecken, argumentiert das Papier sinngemäß. Schließich sei jede auch eher geringe Reduktion von gesundheitsgefährdenden Stoffen eine Verbesserung. Vorgeschlagen wird daher etwa eine „stadtverträgliche Geschwindigkeit auf Hauptverkehrsstraßen“.

Beispiel Schildhornstraße: Die vierspurige Straße verbindet Wilmersdorf und Steglitz und ist die Fortsetzung der Stadtautobahn A 107, die hier mitten in einem Wohngebiet endet. Etwa 40.000 Fahrzeuge pro Tag nutzen die Straße, an beiden Seiten stehen vierstöckige Häuser. Im November 2005 wurde hier Tempo 30 verhängt und mit einer Radaranlage kontrolliert. Da hier eine Messtation steht, konnte der Effekt unmittelbar bestimmt werden – es kam zu „einer Reduzierung der Gesamtbelastung in der Schildhornstraße um etwa 5 bis 10 Prozent“, heißt es in dem Papier.

Daher sollen in Zukunft solche Tempo-30-Zonen ausgeweitet werden. Die größte Möglichkeit für Berlin, die Luft sauberer zu bekommen, gibt es laut Umweltverwaltung bei „einer Reduzierung des motorisierten Verkehrs, der Verstetigung des Verkehrsflusses und durch niedrigere Geschwindigkeiten“.

Um Autoverkehr weniger attraktiv zu machen, sollen auch Parkplätze knapper und teurer werden. Die Zahl privater Parkplätze soll durch eine „Stellplatzobergrenzen-Verordnung“ auf das „erforderliche Maß“ beschränkt werden. Zudem sollen die öffentlichen Parkplätze am Straßenrand viel häufiger kostenpflichtig werden. Außer für Dieselfahrzeuge, die der Euro-6-Norm entsprechen: Um den Kauf solcher Autos zu fördern, sollen die kostenlos parken dürfen.

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9 Kommentare

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  • LC
    Lara Croft

    Das ist doch ein Witz:

     

    Wenn der EU-Feinstaub-Grenzwert "nur" noch an 30 Tagen im Jahr nicht eingehalten wird, anstatt an 35 Tagen, dann ist das angeblich ein Super-Erfolg.

     

    Der EU-FEINSTAUB-Grenzwert dürfte AN KEINEM TAG IM JAHR ÜBERSCHRITTEN WERDEN.

     

    UND ÜBERHAUPT: IST DER EU-GRENZWERT NICHT VIEL ZU HOCH?

     

    Jeder Mensch, der in Berlin lebt, weiß wie schlecht die Luft hier ist. Durch zuviel Feinstaub kann man Krebs bekommen,

     

    Der öffentliche Nahverkehr in Berlin sollte verbilligt werden, anstatt stets verteuert. Das Geld dafür könnte u.a. von dem 475 Mio. Euro teueren A 100- Verlängerungsbau umgeschichtet werden.

     

    Der Fahrradverkehr sollte auch gefördert werden.

     

    Weiterhin sollten mehr Bäume gepflanzt werden und die vorhandenen wertvollen Bäume sollten erhalten bleiben und besser gepflegt werden (z.B. im Sommer von den Grünflächenämtern gegossen werden!).

     

    Bäume filtern neben CO2, das sie in sauerstoff umwandeln nämlich auch Feinstaub aus der luft.

     

    Sie erhöhen die lebensqualität in der Stadt enorm.

     

    Aber Stadtentwicklungssenator Müller (SPD) will ja trotz Klimakatatstrophe die letzten Berliner Kleingärten und Grünflächen zu betonieren.

     

    Mit dem Argument die Förderung des Wohnungsbaues sei nötig.Nachdem SPD und Linkspartei vorher Landeseigentums-Wohnungsbaugesellschaften verhökert hatten.

     

    Der Wohnungsneubau in Berlin ist aber fast nur Eigentums-Luxus-Wohnungsbau.

     

    Die sogenannten Sozialdemokraten könnten den wohnungsbau durchaus für ärmere Bevölkerungsschichten fördern und zwar ohne dabei die klimatechnisch wichtigen Grünflächen zu vernichten.

     

    Die Partei B90/Die Grünen ist in Tempelhof-Schöneberg, Prenzlauer Berg und Friedr.-Kreuzberg mit ihren Baustadträten leider auch nicht besser: Die Stadtnatur wird stetig weiter vernichtet.

  • D
    dobermann

    @ David Danys

     

    warum denn ein entweder-oder ?

     

    beide gehören für ihre dummheit und faulheit bestraft: der porsche fahre, wie dein "arbeitsloser" mit der schrottkarre.

     

    ps.: deinen porschefahrer findest du übrigens weniger unter den öko Spießern im prenzelberg, als eher unter dem hart arbeitenden autonarr in neukölln oder bei zehlendorfern.

  • SH
    Sebastian Heiser

    Flo: Die Debatte damals war eine andere. Unter Grünen wurde die Ansicht vertreten, dass Tempo 30 in Städten zur Standardgeschwindigkeit werden soll und Tempo 50 nur an ausgewählten Straßen. Es ging also um sehr viel mehr Straßen als jetzt hier.

  • W
    Wüstenratte

    Is sich doch ganz einfach: keine privaten Autos mehr,nur noch Dienstwagen, die dann immer freie Fahrt haben. Das wollen doch diese Dödel!!

  • A
    Aufatmer

    7% scheinen also das Maximum dessen zu sein was man sich schönrechnen kann. Ziemlich wenig. Da kann man also "aufatmen". Übertragen wir es also: 7% weniger Nazis und schon kann man "aufatmen". 7% scheinen ja eine ganze Menge zu sein wenn es ideologisch passt. Für alle undogmatisch denkenden Menschen ist das ganze Umweltzonending ein Reinfall, ob es nun die 7% oder 0% bringt. Tempo 30 ist dann der nächste Reinfall. Allerdings muß man nicht über Dinge wie z.B. sicheren sauberen und billigen Nahverkehr nachdenken. Da müsste man ja gleich mehrere Themen anfassen, die politisch inkorrekt sind oder etwas anderes suchen als die ewigen Superlösungen der 80er. "Umweltzone", "Integration" oder "soziale Gerechtigkeit" sind nur neue wohlklingende Namen für untaugliche Konzepte der 80er, damit gealterte Altlinke in moralischem Wohlbefinden ihre letzten Jahre im Bio-Rotweinghetto verbringen können. Danach die Sintflut.

  • TL
    Tim Leuther

    Die Umweltzone war ein Gesetz* das maßgeblich von den Dieselkat-Herstellern durchgeboxt wurde. Bei Autos entsteht genauo viel Feinstaub durch Reifenabrieb wie durch die Abgase.

    Wenn man weiß wie Wetteranfällig die Feinstaubbelastung ist, dann bezweifelt man schneller eine so kleine Statistik. Die Umweltzone ist eher ein Akt der gemachten Obsoleszenz, und und damit unter dem Strich umwelttechnisch fragwürdig.

    Bei neuen Autos sollte man natürlich einen Diesel-Kat verpflichtend einbauen, aber die Alten sollten bis an das Ende ihrer Lebensspanne fahren können. Eher sollte man bei Reifen mehr Regulierung machen, die werden ja häufiger gewechselt.

     

    *Ich meine die EU Richtlinie die Umweltzonen als Exkulpationsgrundlage macht wenn eine Gemeinde es nicht schafft die Feinstaubbelastung zu drücken. Wenn Sie eine Umweltzone einführen, dann sind die Klagen nicht mehr erfolgreich, die Gemeinde hat ja alles mögliche getan. Unabhängig wie Wirkungsvoll die Umweltzone wirklich ist.

  • SM
    Stephan Mirwalt

    Besser wäre es, dem deutschen Spießer das Autofahren komplett zu untersagen.

     

    Ich bewege mich auch nur mit dem Fahrrad, zu Fuß oder mit den Öffentlichen und empfinde gegenüber den Autofahrern nichts als Verachtung.

  • DD
    David Danys

    SIEBEN PROZENT! WOOOOOW! und das war die kalte enteignung von krankenschwestern, arbeitlosen und lehrern wert, deren karren in den letzten 3 jahren aus altersschwäche so oder so auf dem schrott geldandet wären, während der durchschnittliche prenzlberger wohlstandssnob weiter mit seinem porsche cayenne 12l in die luft pustet, und das ungestört, weil er dank partikelfilter eine grüne plakette hat?

  • F
    Flo

    Irgendwie schon komisch, noch vor einem Jahr, während des Wahlkampfs, wurden die Grünen vorgeworfen, das sie mehr Tempo 30 Straßen wollen. Nun kommt der Vorschlag von den Behörden...