■ Kommentar: Feind und Helfer
Wenn Behörden zu sehr denken, kriegt unsereins meistens Kopfschmerzen. In seinem gutgemeinten Eifer, die Drogenhilfe zu verbessern, ist der Drogenbeauftragte Horst Bossong übers Ziel hinausgeschossen.
SozialarbeiterInnen, deren ausdrückliche Aufgabe es ist, der Polizei zuzuarbeiten, werden in der Szene kein Bein auf die Erde kriegen. Eine wie auch immer geartete Verbindung zu den gefürchteten Herren in Grün ist schlimmer als eine Eiterbeule mitten im Gesicht.
Daß der Drogenbeauftragte sich in das Wort „Integration“ verliebt hat und sich eierlegenden Wollmilchsäue als SozialarbeiterInnen wünscht, mag ja noch zu entschuldigen sein. Doch muß man jede hübsche, aber unrealistische Idee gleich in die Tat umsetzen?
Das Motto „Piep, piep, piep – wir ham uns alle lieb“ wird sich in der Drogenszene nie durchsetzen. Feind bleibt Feind: Für die Junkies wird die Polizei solange zum Weglaufen sein, wie es um illegale Drogen geht und wie sie klauen und sich prostituieren müssen, um das notwendige Geld für den nächsten Schuß zu berappen. Deswegen kann auch der integrative Sozialarbeiter nicht gleichzeitig alles sein: Freund und Feind, Helfer und Polizeispitzel.
Und solange harte Drogen kriminalisiert bleiben, Junkies und Dealer also schwerer zu trennen sind als siamesische Zwillinge, solange können auch Drogenhilfe und Polizei nicht zu einem Brei verrührt werden. Herr Bossong und sein Drogenreferat müssen sich schon etwas anderes einfallen lassen, wenn mehr herauskommen soll als die sozialpädagogische Absicherung von Polizeimaßnahmen.
Silke Mertins
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