Fehmarnbelt-Querung: Brückenschlag mit Tücken

Der Vertrag zum Bau der Fehmarnbelt-Querung ist unterzeichnet. Während sich der Nordosten um den ausbleibenden Frachtverkehr sorgt, begrüßt Schleswig-Holstein die wirtschaftlichen Chancen

Bald kein Hindernis mehr: der Fehmarnbelt zwischen Deutschland und Dänemark Bild: dpa

Am Tag der Vertragsunterzeichnung über den Bau einer festen Fehmarnbelt-Überquerung zwischen Dänemark und Deutschland hat sich unter den Gegnern der Brücke am Mittwoch ein Sturm der Entrüstung erhoben. Der Südschleswigsche Wählerverband (SSW) etwa befürchtet, dass der 20 Kilometer lange Koloss zwischen Puttgarden und Rödby große Teile Schleswig-Holsteins von den Verkehrsströmen von und nach Skandinavien abtrennen wird. "Die Fehmarnbelt-Querung wird zur Schleswig-Holstein-Umgehung", sagte der verkehrspolitische Sprecher des SSW im Kieler Landtag, Lars Harms.

Auch die schleswig-holsteinische Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen hält den Staatsvertrag zwischen Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) und der dänischen Transportministerin Carina Christensen für falsch. So spricht der Fraktionsvorsitzende Karl-Martin Hentschel von einer "gigantischen Verschwendung von Steuermitteln auf Kosten des Landes Schleswig-Holstein". Hentschel ärgert sich darüber, wie die Kosten für das Projekt aufgeteilt werden sollen.

Während Dänemark und die Europäische Union mit 4,8 Milliarden Euro den Hauptteil der Gesamtkosten schultern, übernimmt Schleswig-Holstein rund 840 Millionen. Diese sind nötig, um auf deutscher Seite die Autobahnanbindungen und das Bahnstreckennetz auf das steigende Verkehrsaufkommen vorzubereiten. Die grüne Fraktion kritisiert, dass dem Land dadurch Gelder für bereits geplante Verkehrsprojekte fehlten, während sich Dänemark durch die europäische Finanzspritze und die künftigen Mauteinnahmen an der Fehmarnbelt-Brücke gesund stoßen werde.

Der schleswig-holsteinische Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) pries das Projekt als "das letzte Teilstück einer wichtigen transeuropäischen Straßen- und Eisenbahnverbindung". Carstensen hofft, dass sein Bundesland mithilfe der Straßen- und Eisenbahnbrücke oder eines Tunnels zu einer Drehscheibe zwischen den Boom-Regionen Kopenhagen und Hamburg wird.

Genau das befürchtet Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsident Harald Ringstorff (SPD). "Der Bau darf nicht zu Lasten anderer wichtiger Verkehrsprojekte gehen", sagte der Regierungschef der Berliner Zeitung. So könnte sich der derzeitig über Rostock rollende Frachtverkehr aus dem dänischen Gedser in Zukunft nach Westen verlagern. Außerdem stellte sich Ringstorff gegen Subventionen oder Staatsgarantien für die Realisierung des Vorhabens. Vielmehr sei ein fairer Wettbewerb zwischen der Straßenverbindung und dem umweltgerechten Fährverkehr von Nöten.

Auch das Fehmarner "Aktionsbündnis gegen eine feste Fehmarnbelt-Querung" forderte erneut, das Bauvorhaben zu überdenken. Die Gruppe warnte nicht nur vor einem dramatischen Rückgang der von Fähren transportierten Fahrzeuge, sondern auch vor Schiffskollisionen. Die stark befahrene Fahrrinne werde durch Brückenpfeiler oder Tunnelrampen gefährlich verengt.

Ministerpräsident Carstensen kann die Sorgen der Fehmarner Bevölkerung vor einem verkehrspolitischen und ökologischen Kollaps nicht nachvollziehen. Vielmehr appellierte er an die Inselbewohner, das gigantische Bauwerk als Chance zu nutzen: "Allein die voraussichtlich siebenjährige Bauzeit wird viele hundert Arbeitsplätze schaffen", sagte Carstensen anlässlich der Unterzeichnung des deutsch-dänischen Staatsvertrages.

Langfristig hoffe der CDU-Politiker sogar darauf, dass neue blühende Gewerbegebiete entstehen. Der verkehrspolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Hans-Jörg Arp, betonte zudem, dass in diesem Zusammenhang ein weiteres wichtiges Verkehrsprojekt vorangetrieben werden müsse: "Der Weiterbau der A 20 mit einer festen Elbquerung westlich von Hamburg muss forciert werden."

Noch im Mai 2008 (taz berichtete) schien eine Einigung über die Finanzierung der Brücke aufgrund ausbleibender Kompromisse nicht möglich. Nachdem Dänemark, Schleswig-Holstein und die Europäische Union übereinkamen, gemeinsam das Projekt zu bezuschussen, konnte am Mittwoch der Staatsvertrag unterzeichnet werden. Insgesamt werden für den Bau der Fehmarnbelt-Querung Kosten in Höhe von 5,6 Milliarden Euro veranschlagt.

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