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Archiv-Artikel

Fehlende Fertigkeiten

Der Sportpsychologe Dr. Michael Kellmann über den als Elfmeterschützen überforderten David Beckham und „außerordentliche psychologische Beanspruchungssituationen“

taz: Gibt es eine psychologische Erklärung für das wiederholte Versagen von David Beckham am Elfmeterpunkt?

Dr. Michael Kellmann: Am besten einfach verständlich, in drei Sätzen?

Warum nicht?

Das ist natürlich nur schwer möglich, weil ich nicht weiß, was in Beckham vorgegangen ist. Allgemein kann man sagen, dass ein Elfmeterschuss eine außerordentliche psychologische Beanspruchungssituation darstellt. Auf jeden Fall erfordert das Elfmeterschießen spezielle Fertigkeiten, mit Drucksituationen umzugehen und sich nur auf die Handlungsausführung zu konzentrieren. Wenn ich mir während des Anlaufs Gedanken über mögliche Konsequenzen meiner Handlung mache, etwa ob die Mannschaft weiter im Turnier bleibt oder ausscheidet, lenkt mich das von der eigentlichen Aufgabe ab.

Wie ist ist es zu erklären, dass Beckham trotz aller Negativerfahrungen als Erster zum Elfmeterpunkt geschritten ist? Er scheint sich seiner Sache offensichtlich sehr sicher gewesen zu sein.

Ich vermute auch, dass er sicher war. Nur in manchen Situationen kann dann doch ein plötzlicher Gedanke an die Konsequenzen zur Unsicherheit führen. Aber dies ist Spekulation. Jedoch kann man sich fragen, ob es bei der Historie von misslungenen Elfmeterschüssen taktisch sinnvoll ist, Beckham als ersten Schützen anlaufen zu lassen. Insbesondere dann, wenn die Ursachen für die vorangegangenen Fehlschüsse nicht nachbereitet worden sind.

Warum stellt sich Beckham immer wieder solchen Situationen?

Ich denke, er sieht sich einfach in der Verantwortung. Insofern ist es nur konsequent, dass er antritt.

Nun schießt Beckham nicht nur am Tor vorbei, er stolpert, tritt in ein Loch, so als suche er sich bereits vor dem Schuss eine Entschuldigung für ein mögliches Scheitern.

Dies würde ich nicht so sehen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er absichtlich in die Kuhle getreten ist. Jedoch gehört zu einer guten Vorbereitung auf den Elfmeter auch eine genaue Platzierung des Balles auf dem Elfmeterpunkt. INTERVIEW:ANDREAS RÜTTENAUER

Hinweis: Dr. Michael Kellmann (38) ist Leiter des Arbeitsbereichs Sportpsychologie an der Ruhr-Universität Bochum.