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■ Fast 7 Millionen ohne WahlrechtPolitische Ignoranz

Bis Ende 1995 stehen den Bundesbürgern insgesamt 13 Kommunal- und Landtagswahlen sowie die Wahl des Bundestages bevor. Die Zahl der zu wählenden Abgeordneten richtet sich nach der Zahl der Einwohner. Doch nicht alle dürfen ihre Abgeordneten wählen. 6,8 Millionen BürgerInnen ausländischer Herkunft ist das Wahlrecht untersagt. Ausgenommen sind lediglich rund 70.000, die die doppelte Staatsbürgerschaft besitzen. Während die gesetzgebenden Instanzen in Deutschland nach wie vor die ausländische Minderheit politisch ignorieren, nimmt das Interesse der Ausländer für die Belange der Bundesrepublik zu. Ausländer, die sich in den sechziger und siebziger Jahren vornehmlich für die politische Entwicklung in ihrem Heimatland interessierten, wandten sich in den achtziger Jahren verstärkt auch der deutschen Politik zu. Ausschlaggebend für diese Neuorienteriung, so die Studienergebnisse des Zentrums für Türkeistudien, war auch die endgültige Entscheidung von mehr als 80 Prozent der ausländischen Minderheit, dauerhaft in der Bundesrepubllik zu bleiben.

Immer mehr Ausländer suchen auch die direkte Zusammenarbeit mit deutschen Parteien. Gegenwärtig sind allein in der SPD 27.000 Ausländer organisiert. Auch andere Parteien regstrieren einen zunehmenden Zulauf von Ausländern.

All dies liefert für zuständige Entscheidungsträger in Deutschland keinen Anlaß, sich über die Partizipation von Ausländern an politischen Entscheidungen ernsthaft Gedanken zu machen und nach Lösungen zu suchen. Die Diskussion über die Anerkennung der doppelten Staatsbürgerschaft, die besondere nach den Anschlägen von Mölln und Solingen auf der Tagesordnung stand, ist bis auf weiteres vertagt worden.

Nach einem bereits 1963 gefaßten Beschluß des Europarats hegten die Mitglieder die Absicht, Mehrstaatlichkeit in Europa einzudämmen und zu verhindern. Heute sind es lediglich die Staaten Deutschland, Luxemburg und Österreich, die erst beim Verzicht auf die bisherige Staatsbürgerschaft die eigene anbieten. In den übrigen Staaten ist es üblich, neben der eigenen Staatsbürgerschaft auch die der Wahlheimat anzunehmen.

Sollte es den deutschen Parteien nicht gelingen, die ausländische Minderheit in ihre Politik und Zielsetzungen zu integrieren, dann wird die Eigendynamik dieser Minderheit ganz andere Züge annehmen, die sicherlich dem inneren Frieden dieses Landes nicht dienlich wären. Faruk Sen

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