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Archiv-Artikel

Farblose Affäre

betr.: „Helfen oder schießen“, taz vom 27. 10. 06

Dass man beim Anblick dieser obszönen Aufnahmen in Schreck versetzt wird, mag vielleicht nach zivilisierten Gesetzen, die hierzulande gelehrt werden, verständlich sein. Dennoch ist die Reaktion darauf sehr naiv, wenn nicht übertrieben. Mit welchem Ziel auch immer ein Krieg geführt wird: Er ist immer brutal und menschenverachtend. Das weiß die Politik und ist auch bereit, den Preis dafür zu zahlen.

Gegenwärtig ist das Ziel, trotz des Zweifels am Sieg, in der Region Präsenz zu zeigen, denn die Verlegenheit vor der eigenen Bevölkerung ist leichter zu verkraften, als dort die Kontrolle über die Entwicklung zu verlieren. Angespannte Soldaten wegen Fehlverhaltens anzuprangern, soll letztendlich nur den Beweis erbringen, dass in der europäischen Demokratie alles transparent zugeht, und dient selbstverständlich als Message an die andere Seite: Schießt bitte nicht auf unsere Soldaten, denn wir bestrafen sie.

Fragen wie etwa, warum die Amerikaner einst im Zuge ihres Antikommunismus die Taliban bis auf die Zähne bewaffnet hatten, will man heute nicht einmal als unverzichtbares Element der Geschichtsaufarbeitung wahrhaben. Wahrlich ist demgegenüber das Hantieren mit toten Schädeln oder gar die Affäre in Abu Ghraib ziemlich farblos.

MEHRAN KHANIZADEH, Hamburg