Farbenspiele in Berlin: Grüne bleiben offen für alles
Die Hauptstadt-Grünen wollen sich nicht von der CDU zu einer Koalitionsaussage drängen lassen. Für eine Entscheidung sei noch genug Zeit bis zu Beginn des Wahljahres 2011.
BERLIN taz | Die Berliner Grünen wollen erst 2011 entscheiden, ob sie mit einer Koalitionsaussage bei der nächsten Berlin-Wahl antreten. "Wir werden uns 2010 definitiv nicht festlegen lassen", sagte die Landesvorsitzende der Grünen, Irmgard Franke-Dressler, am Dienstag. Sie reagierte damit auf eine Aufforderung des Berliner CDU-Chefs Frank Henkel. Der hatte den Grünen im taz-Interview vorgeworfen, bloß Reserverad des rot-roten Senats zu sein. "Wenn ich den politischen Wechsel will, muss ich das auch artikulieren", so Henkel.
Das Berliner Abgeordnetenhaus wird zwar erst im Herbst 2011 neu gewählt. Doch in Umfragen liegen SPD, CDU, Grüne und Linke seit Monaten eng beieinander. Weder die amtierende rot-rote Koalition unter Klaus Wowereit (SPD) noch irgendein anderes Zwei-Parteien-Bündnis hätte rechnerisch eine Mehrheit. Daher gibt es auch bei den Grünen und der Linkspartei Überlegungen, mit einem eigenen Kandidaten Anspruch auf den Bürgermeisterposten im Roten Rathaus zu erheben. Bei der Linken ist etwa Wirtschaftssenator Harald Wolf, bei den Grünen die Vorsitzende der Bundestagsfraktion, Renate Künast, im Gespräch. CDU-Chef Henkel hatte selbst eine grün-schwarze Koalition mit Künast als Regierender Bürgermeisterin für denkbar gehalten.
"Vor einer Zusammenarbeit müsste die CDU sich heftig bewegen", schränkte Volker Ratzmann, Fraktionsvorsitzender der Grünen im Abgeordnetenhaus, ein. Eine Aufrüstung der Polizei oder ein Zuzugsverbot für Ausländer, wie es aus der Landes-CDU gerade vorgeschlagen wurde, seien mit den Grünen nicht zu machen.
Zur SPD hingegen gebe es nicht nur eine inhaltliche Nähe. "Mit der haben wir schon erfolgreich zusammengearbeitet", sagte Ratzmann. Da sei eine kulturelle Gemeinsamkeit entstanden, "die es so mit keiner anderen Partei gibt, auch nicht mit der Linken".
Der linke Flügel der Berliner Grünen ist vehement gegen eine Kooperation mit der CDU. Doch Ratzmann und Franke-Dressler wollen sich alle Optionen offenhalten. Zwar bestehe die Gefahr, dass sie Teile der Wähler verlieren, wenn sie ohne Koalitionsaussage in den Wahlkampf zögen, gab Ratzmann zu. Doch angesichts der vier fast gleich starken Parteien in der Stadt müsse man sich vom Lagerdenken lösen, so Ratzmann. 2010 sei daher für die Programmdiskussion reserviert. "Wenn nicht noch was dazwischenkommt", sagte Franke-Dressler.
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