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Familienkrach im SFB

■ Talk–Show „Leute“ muß ohne G. Marx auskommen / Elke Heidenreich hat dem SFB das Messer auf die Brust gesetzt

Von der kannst du dir eine Scheibe abschneiden, sagte ich mir an manchem Freitag abend und rückte den Sessel vor den Fernseher. Die ist großartig. So souverän will ich auch die anderen beim Interview auf den Punkt bringen. Ein bißchen mit der Macht dabei spielen? Warum nicht? Sie ist klug, klar, schlagfertig und kann sich abgrenzen. Sie schwimmt nicht mitleidig mit, wenn einer seinen Faden zum Festhalten verloren hat. So dachte ich, wenn ich Gisela Marx in der Talk–Show „Leute“ vom Sender Freies Berlin (SFB) sah. Die beiden andern, na ja. Wolfgang Menge ein Mann mit Geschichte, etwas schwerfällig charmant, schön undoof, aber langweilig. Und Elke Heidenreich, die nette Elke, die immer die Probleme der anderen versteht, die ein bißchen viel mit dem Kopf nickt. Nun ist es aus mit dem Lehrgang. Gisela Marx ist gefeuert, aber die Opfer sind die anderen. Oberopfer ist „Leute“–Redakteur Gerhard Horstmeier, der im Namen des SFB gekündigt hat. Schuld ist die böse Gisela. Sie hat mit ihrer Bösigkeit den armen Horstmeier gezwungen, sich gegen sie zu entscheiden. Und dann hat der dumme Wolfgang sich mit der bösen Gisela solidarisiert. La chendes, drittes Opfer ist Elke, die letzten Freitag die Sendung allein moderieren mußte. Aber warum ist die Gisela böse, und warum wurde sie „fristlos“ entlassen? Das hat was mit Elke zu tun. Sie fand Gisela nämlich furchtbar. Von Anfang an. Die haben sich nicht leiden können, heißt es. Kleine Spitzen, die die eine schluckt, die andere ignoriert. Jede wehrt sich auf ihre Art. Die eine ist eher arrogant, tut so, als gäbe es die andere nicht, hält wohl auch politisch nichts von ihr, ist viel zu selbstbewußt, als daß sie „es“ nötig hätte. Aber die andere hats nötig. Von ihrer Physiognomie her ist sie das kleine Mädchen. Sie ist die jüngere, die später Dazugekommene. Da, wo Gisela ruppig ist, macht Elke kleine Geschenke, schreibt Briefchen. Ach, wie das Herz doch überläuft bei solchen Geschichten! Jetzt sind sie die linke Tante endlich los, sagt Wolfgang Menge über Gisela Marx und den SFB. Unbequeme Tanten sind nicht beliebt. Und Elke Heidenreich hat aus dem rechthaberischen Gefühl der inneren Schwäche im richtigen Zeitpunkt dem SFB das Messer auf die Brust gesetzt. Sie oder ich. Denn das wird seit längerem gemunkelt: Die „Leute“–Sendung sei in der Besetzung uninteressant geworden, auch unharmonisch. Der Redakteur hätte etwas Neues gewollt. Die Bälle würden sich nicht zugeworfen, sondern gegeneinander geschmissen. Elke Heidenreich sagt, daß das Publikum und die Gäste sich bei ihr (!) über Gisela Marx beschwert hätten. Nicht wegen persönlicher Differenzen, sondern als Stellvertreterin der Gäste hat sie das schwere Los des „sie oder ich“ auf sich genommen. Wer nicht wagt, der nicht gewinnt. Warum eigentlich Frau Marx rausgeschmissen worden ist, obwohl Frau Heidenreich gekündigt hatte? Tja, meint da der Redakteur, Frau Marx sei ihm schon lieb und gut, aber Frau Heidenreich sei schwerer zu ersetzen. Möglich, daß er selbst Moderator werden will. Politisch moderieren kann schließlich fast jeder Mann. Die Mischung aber aus gefällig weiblich und kess lautstark ist von einem Mann kaum herzustellen. Zumindest die SPD hält Gisela Marx die Stange. Sie forderte gestern in einer Meldung ihre Weiterbeschäftigung. Maria Neef–Uthoff

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