: Falscher Bombenalarm beim Gelöbnis
■ Zwischenfall beim Rekrutengelöbnis: Polizei vermutete in dem Motorradkoffer einer Vespa Sprengstoff und schickte einen Spezialroboter in die Gefahrenzone. Motorradhelm flog durch die Gegend
Wie erst jetzt bekannt wurde, ist beim Bundeswehrgelöbnis vor dem Charlottenburger Schloß vergangenen Freitag nach Aussagen von mehreren Augenzeugen ein schwerer Zwischenfall passiert: Gegen 14 Uhr erhielt ein Anwohner, der die Schloßbrücke passieren wollte, von einem Beamten die Auskunft, es gebe eine Bombendrohung. Die Brücke müsse abgesperrt werden. Wenig später beobachtete der Mann, wie ein Mercedes-Transporter anrückte, aus dem ein Roboter ausgeladen wurde. Der Roboter rückte gegen eine orangefarbene Vespa vor, die vor der Schloßbrücke am Bonhoeffer- Ufer geparkt war. Sorge bereitete der Polizei offenbar der schwarze Motorradkoffer des Fahrzeugs. „Plötzlich machte es peng, der Koffer war zerfetzt“, berichtete der Anwohner.
Bedenklich findet der Anwohner, daß die Passanten und die Polizei nur dreißig bis vierzig Meter von der Vespa entfernt standen. Als der Koffer in die Luft flog, sei der daran befestigte Helm mindestens zehn Meter durch die Luft geschossen. Zwei Mütter, die mit ihren Kindern in der Nähe standen, hätten verletzt werden können, so der Anwohner. „Der Sicherheitsabstand war zu gering.“
Die Polizeipressestelle hatte den Vorfall, den mindestens sieben Anwohner unabhängig voneinander miterlebt hatten, erst dementiert. „Wenn ein Roboter angefordert wird, läuft das über den Führungsstab“, hatte eine Polizeisprecherin erklärt. „Das müßte uns bekannt sein.“ Auch ein Vermerk über eine Bombendrohung habe nicht vorgelegen. Falls es dafür Hinweise gegeben hätte, hätte die Gefahrenzone in jedem Fall „weiträumiger abgesperrt“ werden müssen. Üblich seien 300 Meter.
Später jedoch bestätigte Polizeisprecher Hans-Joachim Heldt den Einsatz eines „Spezialfahrzeuges mit Roboter“, das bei „sprengstoffverdächtigen Behältnissen“ zur „Gefahrenabwehr“ zum Einsatz kommt. Heldt betonte jedoch, daß der Vespakoffer nicht „gesprengt“, sondern mit einer Wasserpistole „aufgedrückt“ worden sei. Den Einsatz begründete der Sprecher mit der Nähe des verdächtigen Objektes zur Gelöbnisfeier. „Sie können davon ausgehen, daß es nichts Ernstes war“, sagte Heldt weiter. Ob der Halter der Vespa den Schaden ersetzt bekommt, konnte der Polizeisprecher nicht klären.
Dem Halter des kofferlosen Gefährts empfiehlt die taz am Sonntag einen Besuch beim Tag der offenen Tür bei der Polizei in Ruhleben. Ob der Roboter mit seiner Wasserpistole jedoch die geeignete Abkühlung für die angekündigten hochsommerlichen Temperaturen ist, ist fraglich. Es sei denn, Gefahr ist im Verzug. win/wahn
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen