■ Vorlauf: Falsch verbunden
„Babyfon“, So., 20.15 Uhr, Sat.1
Tausendmal gesehen? Da gibt es das in die Jahre gekommene Ehepaar mit dem warmherzigen Mann (Hans Schenker) und der kühlen, aber wohlhabenden Frau (Suzanne von Borsody), und es gibt das süße Ding von nebenan (Nicolette Krebitz); aber dann kommt alles ganz anders. Autor Edgar von Cossart hält das Déjà-vu in Grenzen, weil die Konstellation nur der Einstieg in einen Thriller ist, der einem schon bald feuchte Handflächen bescheren wird. Entscheidend ist dabei Cossarts Einfall, seine Protagonistin in bester Hitchcock-Manier lange Zeit nur indirekt der tödlichen Bedrohung auszusetzen. So entsteht die perfekte Spannung: Der Zuschauer weiß, frei nach Hitchcock, um die Bombe unterm Tisch, aber er weiß nicht, wann sie hochgeht. Bei Cossart heißt das: Zwei Männer wollen ein Kind entführen, geraten aber in die falsche Wohnung, in der eine Mutter mit Kind lebt. Die Mutter wird getötet, die Eltern vom Kidnapping informiert. Derweil schlummert eine Etage tiefer das tatsächliche Opfer, von Babysitterin Anne behütet, vor sich hin; übers Babyfon aber, jene drahtlosen Überwachungsgeräte fürs Kinderzimmer, hat Anne alles mitbekommen, denn ihr Gerät empfängt aus irgendeinem Grund auch die Signale von oben. Weil das aber auch umgekehrt funktioniert, ist es nur eine Frage der Zeit, bis die Gangster ihren Irrtum bemerken.
Geradezu genial aber ist Cossarts Idee, dem ohnehin schon packenden vordergründigen Thriller noch eine Meta-Ebene mitzugeben. Parallel zum Katz-und-Maus- Spiel – Anne kann aus dem einbruch- und daher auch ausbruchsicheren Haus nicht heraus – entwickelt Cossart das Gegeneinander des immer offener verfeindeten Ehepaares, bis sich schließlich der ganze seltsame Überfall als kaltblütiges Komplott entpuppt.tpg
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