Falsch gezählt beim Volksentscheid: Gottesdämmerung in Wilmersdorf
99,5 Prozent sollen am Prager Platz "pro Reli" gestimmt haben. In der Urne steckte der Fehlerteufel.
Noch am Montag stellte sich die Frage, wie es sein kann, dass in einem Wilmersdorfer Wahllokal am Prager Platz von 416 Wahlberechtigten 414 für "Reli" stimmten. Das war, bei einer ungültigen und einer Neinstimme, eine Mehrheit von 99,5 Prozent. Auch bei einem hohen Seniorenanteil rund ums Wahllokal Hotel Ramada Plaza schien das Ergebnis doch zweifelhaft (taz berichtete).
Und tatsächlich: Bei diesem göttlichen Ergebnis handelte es sich um einen Fehler bei der Datenerfassung, wie Wolfgang Schulz, der Abstimmungsleiter für Charlottenburg-Wilmersdorf, am Dienstag einräumen musste: "Bei der telefonischen Übermittlung der Daten an die Erfassungskraft im Wahlamt, die durch den zuständigen Wahlvorsteher erfolgt, ist offensichtlich ein Fehler unterlaufen."
Auf der Wahlniederschrift, die unmittelbar nach Auszählung der Stimmen erstellt wird, sind allerdings die richtigen Daten angegeben. Demnach haben 225 Wahlberechtigte in besagtem Stimmbezirk für "Reli" votiert, 188 dagegen, zwei Stimmen waren ungültig.
Als der Wahlvorsteher am Sonntag seine Zahlen ans Wahlamt durchgab, erfolgte keine Kontrolle. "Die Datenerfassungskraft hätte bemerken müssen, dass mit dieser ulkigen Zahl etwas nicht stimmen kann", so Schulz weiter.
Auch Wilfried Groß, der zuständige Wahlamtsleiter, kann sich den Fall nicht so recht erklären: "Vielleicht ist der Wahlvorsteher beim Ablesen ja in die falsche Spalte gerutscht, aber selbst dann stimmt das mit den Zahlen nicht." Nach weiterer Prüfung stehe jedoch bereits fest, dass es sich dabei um einen ausgesprochenen Einzelfall handle.
Geert Baasen, Leiter der Geschäftsstelle des Landeswahlleiters, verweist darauf, dass es sich bei den aktuell vorliegenden Zahlen um ein vorläufiges Ergebnis handle. "Im Bundeswahlgesetz ist es eben so festgelegt, dass in der Wahlnacht die Erfüllung des Informationsbedürfnisses der Bürger Priorität hat. Gründlichkeit muss hinterher walten", erklärt Baasen.
Würde jemand das falsche Wahlergebnis anfechten, entstünde laut Baasen aber kein Problem. "Die Frage ist dabei immer, ob es für das Endergebnis relevant wäre." Bei einem so klaren Votum gegen "Pro Reli" sei ein Einzelfall nicht ausschlaggebend - außerdem werde das amtliche Endergebnis erst am 5. Mai verkündet. "Pro Reli" war am 26. April deutlich gescheitert.
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