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Falsch‘ Krokodil lakostet viel

■ Arbeitsloser Bankkaufmann muß 2.500 Mark für fünfzig falsche Krokodilshemden zahlen

Wer Krokodile nachmacht oder verfälscht oder nachgemachte oder verfälschte sich verschafft und in Verkehr bringt, wird mit 50 Tagessätzen nicht unter 50 Mark bestraft.

Diesen Rechtsgrundsatz mußte gestern der arbeitslose Bankkaufmann Edgar D. (35) vor dem Bremer Amtsgericht erlernen. Der Grund für diese bittere Erfahrung: Zur Jahreswende 1985/86

hatte der Angeklagte für einen Stückpreis von 35 Mark fünfzig gefälschte Krokodilshemden an eine Bremer Textilhändlerin verkauft.

„Ein klarer Fall“, befand Staatsanwalt Fritz Haar: „Verstoß gegen das Warenzeichengesetz“, und kein leichter. Haar schwang sich zum Retter der lacostbaren Arbeitsplätze auf, die durch den Dumping-Handel mit Fälschungen gefährdet würden, sah das „hohe Produktionsniveau, das die Firmen auf dem internationalen Markt anbieten“, erheblich bedroht und verlangte eine „ernsthafte Ahndung“.

Der Angeklagte selbst sah das ganz anders. Er habe die Hemden als Ausgleich für eine fällige Geldschuld von einem Bekannten eingetauscht, in der Absicht, die falschen Krokodile höchstselbst

auf der Brust auszutragen. Doch so recht mochte Amtsrichter Wulf der Verteidigungsstrategie nicht zu folgen: Lieferschein und Quittung des Deals lagen in den Gerichtsakten vor, und D. konnte letztlich nicht glaubhaft erklären, warum er für den Eigenbedarf verschiedene Kollektionsgrößen gewählt hatte.

Doch damit nicht genug: Neben der Verbreitung von falschen Krokodilshäuten warf die Staatsanwaltschaft dem Angeklagten vor, 11 Uhren der Marken Rolex, Cartier und Piaget aus Thailand eingeführt zu haben. Fälschungen, versteht sich, die D. zum Stückpreis von 30 Mark an Land gezogen hatte. Und natürlich hatte er sie schwarz eingeführt, ohne die fällige Umsatzsteuer in Höhe von 59,44 Mark.

Doch auch hier zeigte D. sich

uneinsichtig. Er habe die Uhren für besondere Anlässe, „für die Disko oder so“, angeschafft, behauptete der Angeklagte, und weil das kostbare Gold der imitierten Rolexuhren aller Erfahrung nach beim ersten Tragen abblättere, habe er sich gleich einen ganzen Schwung besorgt.

Der Staatsanwalt ging hoch 'ran. Produktpiraterie sei kein Kavalliersdelikt, 90 Tagessätze zu 50 Mark seien deshalb fällig, weil D. als Bankkaufmann mindestens 5.000 Mark verdienen könne, wenn er nur wolle. Nochmals 60 Tagessätze forderte er für die „Steuerverkürzung“ bei den illegal eingeführten Uhren. Richter Wulf pendelte das Strafmaß schließlich auf 50 Tagessätze ein, folgte dem Staatsanwalt jedoch im Tageskurs von 50 Mark. ma

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