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■ Fahrende WahlkampfzentraleDiepgen auf Safari

Nur atombombensicher ist es nicht, das „Diepgen-Mobil“, aber sonst fehlt nichts an dem Siebeneinhalbtonner, mit dem der Regierende Bürgermeister ab sofort auf Wählerfang gehen will. Gestern hatte die CDU an den Teufelssee geladen, wo das schrille, mit Konferenzraum, Stehbar und sämtlichen Finessen des 21. Jahrhunderts, wie Fax, PC, WC, ausgestattete Gefährt von Wahlkampfleiter Peter Radunski vorgestellt wurde. Während dieser vor dem kobaltblauen Stimmenabfangjäger gestand, die Idee für das Clou-Liner-Projekt bei Bill Clintons Wahlkampagne abgekupfert zu haben, strolchte sein Boß, der Clinton-Epigone Eberhard Diepgen, in smilender Hemdsärmeligkeit umher. Mit wehender Krawatte, die Hände in den Hosentaschen, wirkte er dermaßen leutselig, daß man versucht war zu fragen, ob er nicht auch mal an einem Haschpfeifchen genuckelt hat (ohne zu inhalieren, versteht sich).

Schließlich stieg Häuptling Großer Bär selbst aufs Podest und bekannte verschmitzt, daß er mit der fahrbaren Wahlkampfzentrale am liebsten selbst durch die Gegend gurken würde. Nicht nur Indianer, Regierender Bürgermeister, sondern auch noch Haudegen.

Bei soviel Diepgen-Mobilität wird ab sofort kein Einwohner dieser Stadt vor Überraschungsangriffen des Polit-Entertainers sicher sein. Aber solange sie keine Helikopter benutzen, um einen zu überrumpeln, hat man noch eine Chance. Wer also der verlebendigten Bürgernähe auf Wählerstimmensafari aus dem Weg gehen möchte, sollte ab sofort enge Seitenstraßen benutzen und öffentliche Plätze meiden. Sonst wird er dem Shakehands-wütigen Eberhard plus einem mit Polaroidkameras ausgestatteten Wahlkampf- team, die zur Ablichtung des historischen Augenblicks bereitstehen, nicht entgehen können. Peter Lerch

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