: Fälschungs-Volltreffer
■ Dallmayr bezieht weiter Kaffee aus El Salvador MIT DEM KAFFEE-IMPORT AUF DU UND DU
Berlin (taz) — „Die Röstereien stehen ja alle unter kritik. Aber in dieser Art und Weise — das ist einzigartig“, kommentierte ein Einkäufer des Münchner Kaffeeherstellers Alois Dallmayr. Unbekannte hatten sich mit einer gefälschten Presseerklärung des Unternehmens an die Nachrichtenagenturen gewandt, die prompt am Wochende über Millionen Zeitungen verbreiteten, Dallmayr wolle sich aus dem Import von Kaffee aus El Salvador zurückziehen. Bei Dallmayr ist noch nicht entschieden, ob Strafanzeige erstattet werden soll. Am liebsten, war dort zu erfahren, wolle man die ganze Angelegenheit unter den Tisch kehren, um nicht noch mehr Aufsehen zu erregen.
In der Erklärung hatte es geheißen, daß auch ein Jahr nach der Ermordung von sechs Jesuiten durch das salvadorianische Militär die schweren Menschenrechtsverletztungen in dem mittelamerikanischen Land anhalten. Deswegen habe Dallmayr „beschlossen, auf die Beimischung salvadorianischen Kaffees in unseren Erzeugnissen zu verzichten“. Hingegen werde eine neue Kaffeesorte „Dallmayr Farabundo“ in das Sortiment aufgenommen, für deren Herstellung unter menschenwürdigen Bedingungen sich das Haus verbürge. Zeitgleich waren in München zudem Flugblätter mit dem Dallmayr-Briefkopf aufgetaucht, in denen Dallmayr bekanntgab, „in keinster Weise mit der menschenverachtenden Politik der Arena-Regierung in Verbindung gebracht werden“ zu wollen. Das Flugblatt berechtige zudem zum Genuß einer Tasse Farabundo-Kaffee bei Dallmayr.
Nach dem Freiheitskämpfer Farabundo Martí hat sich auch die salvadorianische Guerilla benannt. Die Einnahmen aus dem Kaffee- Export bilden die wichtigste Geldquelle des dortigen Regimes.
Das Salvadorkomitee in München wiederum hatte die Entscheidung von Dallmayr begrüßt. Allerdings importiere Dallmayr lediglich fünf Prozent seines Verbrauches aus El Salvador, während in den Herkunftsländern der anderen 95 Prozent die Menschenrechte ebenfalls mit Füßen getreten würden. Ein Dallmayr-Sprecher sagte, daß sich die Geschäftspolitik des Hauses nicht an politischen, sondern wirtschaftlichen Gesichtspunkten orientiere. diba
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