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Fachkräftemangel in DeutschlandWachmänner mit Hochschulabschluss

In Deutschland werden dringend Fachkräfte gesucht. Dabei gibt es 300.000 ausländische. Doch ihre Abschlüsse werden nicht anerkannt. Ein Gesetz soll das erleichtern.

Lehrer, denen die ausländischen Abschlüsse nicht anerkannt werden, zählen in Deutschland als ungelernt. Bild: ap

So hatte es sich die Russlanddeutsche Natalia Denk nicht vorgestellt. Als sie sich vor fünf Jahren entschloss, von Sibirien nach Deutschland zu ziehen, war sie überzeugt: "Ich werde mich hier wieder als Erzieherin beweisen können." Zuversichtlich reichte sie ihr Zeugnis von der pädagogischen Fachschule Krasnojarsk und den Lebenslauf, der die 28 Berufsjahre nachwies, bei der Berliner Senatsverwaltung für Bildung ein.

Der Brief, den sie im Mai 2009 erhielt, begann gleichwohl mit den Worten: "Nach Prüfung der eingereichten Unterlagen muss ich Ihnen zu meinem Bedauern mitteilen, dass die von Ihnen beantragte Gleichstellung Ihrer Ausbildung mit der hiesigen Erzieherausbildung derzeit nicht erfolgen kann."

Dieser Bescheid ist kein Einzelfall, befürchten die Wissenschaftlerinnen Martina Müller und Bettina Englmann. Im Auftrag des bundesweiten Netzwerkes "Integration durch Qualifizierung" untersuchten sie, wie Zuwanderer zwischen 2007 und 2009 hinsichtlich der Anerkennung ihrer Abschlüsse beraten werden.

Das Fazit ihrer Studie, die in diesem Monat veröffentlicht wurde: Sogar für hochqualifizierte Bewerber sind die Barrieren, um im deutschen Arbeitsmarkt Fuß zu fassen, hoch. Die Praxis ist wirr, die Verfahren sind nicht einheitlich und "teilweise nicht darauf ausgerichtet, Fachkompetenz zu erfassen, sondern ausländische Abschlüsse und Berufserfahrungen abzuwerten".

Gleichzeitig klagen Unternehmen, Ärztekammern und Lehrerverbände über personelle Engpässe. Erst zu Jahresbeginn warnte etwa der Industrie- und Handelskammertag, "70 Prozent der Unternehmen haben Probleme, offene Stellen zu besetzen".

Dabei gibt es in Deutschland viele Fachkräfte, doch ihre Abschlüsse sind nicht oder nur teilweise anerkannt. Für die Arbeitsagenturen gelten Ärzte, Lehrer und Juristen, deren Abschlüsse nicht ins deutsche Ausbildungsprofil passen, als ungelernt.

Nach Schätzungen des Bundesbildungsministeriums könnten rund 300.000 Menschen, die derzeit arbeitslos sind oder unterfordert, wieder in ihren Berufen tätig werden, wenn ihre ausländischen Berufsabschlüsse entsprechend gewürdigt würden. Auf Initiative von Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) wird die Regierung daher voraussichtlich bereits im März ein Gesetz vorlegen: Dieses soll erstens allen Zuwanderern das Recht einräumen, ihre Abschlüsse anerkennen zu lassen und fehlende Qualifikationen leichter nachzuholen. Zweitens sollen einheitliche Standards gelten, damit eine Kammer in Hamburg künftig die gleichen Maßstäbe anlegt wie eine in Stuttgart.

Sie finde es "fantastisch", dass so ein Gesetz kommt, sagt Forscherin Englmann, dämpft aber gleichzeitig die Erwartungen: "Das ist der erste Schritt, ändern müssen sich auch die Rahmenbedingungen." In Kanada, wo man seit Jahren um qualifizierte Zuwanderer werbe, gebe es überall Beratungsstellen, Unis böten Brückenkurse für Zuwanderer an und Firmen Trainees. "Davon sind wir hier noch weit entfernt."

Dass es mit einem Recht auf Anerkennung, wie von der Bundesregierung geplant, nicht getan ist, zeigt auch die Situation Natalia Denks und der anderen rund zwei Millionen Russlanddeutschen, die seit Anfang der neunziger Jahre aus der zerfallenen Sowjetunion eingewandert sind. Sie haben zwar alle bereits einen Rechtsanspruch darauf, ihre Abschlüsse anerkennen zu lassen, doch für hiesige Ämter und Kammern zählen nur die Qualifikationen, die direkt mit deutschen Ausbildungen vergleichbar sind.

Über die Hälfte der russlanddeutschen Akademiker war nach einem Bericht des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) von 2007 in Deutschland entweder arbeitslos oder geringfügig beschäftigt. Eine aktuelle Studie bestätigt den Trend. Rüdiger Wapler vom IAB sagt, dass sich hochqualifizierte Aussiedler auf dem Arbeitsmarkt nach wie vor schwerer täten als Deutsche mit gleicher Qualifikation, aber auch als Geringqualifizierte.

Die Russlanddeutsche Irina Hermann hat ihre Nische gefunden - die Lehrerin berät Menschen, denen es so geht wie ihr einst: In das Berliner Ladenbüro des Integrationswerks "Respekt" kommen viele ehemalige Physik- und Mathematiklehrer aus Osteuropa. "Es herrschen Bitterkeit und Enttäuschung", erzählt Hermann. "Die Männer arbeiten oft als Wachmänner, die Frauen als Verkäuferin bei Lidl." Der Zutritt zum Klassenraum ist ihnen verwehrt.

Vierzehn Jahre lang hatte Irina Hermann Schülern in Russland Deutsch und Englisch beigebracht. Doch um Berliner Kinder unterrichten zu dürfen, hätte sie noch einmal studieren und danach den zweijährigen Vorbereitungsdienst für Lehrer absolvieren müssen.

Lehrer, die aus der EU stammen, müssen zwar nicht so lange nachsitzen, doch auch sie haben es in vielen Bundesländern schwer, in ihrem Beruf zu arbeiten. "Eine Anerkennung als ausländischer Lehrer zu erlangen ist selten möglich", schreiben die Studienautoren Englmann und Müller. Denn geprüft werde nicht, wie kompetent jemand sei, sondern im Mittelpunkt stünden formale Anforderungen der Prüfungsordnungen.

Und diese sind in Russland, aber auch in Berlin und Baden-Württemberg jeweils andere, denn jedes Land entscheidet hoheitlich, welche Pädagogen es in seine Kitas und Schulen lässt. Obwohl sie gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt hätten, bleiben ausländische Lehrer und Erzieher von der Fachkräfteinitiative der Bundesregierung zunächst ausgeschlossen.

Es läge im Ermessen der Bundesländer, diese Hürden zu senken, indem sie ihre höchst unterschiedlichen Regelungen untereinander abstimmten und Menschen aus Drittstaaten den EU-Bürgern gleichstellten. Das ist für Lehrer derzeit aber nicht in Aussicht, wie eine Umfrage der taz in zehn Bundesländern ergibt. Auch eine hohe Beamtin der Bundesregierung ist überzeugt: "Für Lehrer ändert sich mit dem Gesetz nichts."

Ob sich die Bundesländer zumindest über einen besseren Zugang für Erzieherinnen verständigen, ist derzeit noch offen. Die Erzieherin Natalia Denk hat sich auf eigene Faust durchgekämpft: Sie hat drei Praktika und ein Kolloquium absolviert, eine Facharbeit darüber verfasst, wie Kleinkinder künstlerische Prozesse verarbeiten, und sie paukt seit vier Jahren Deutsch.

Nur noch eine Prüfung, die sie im Februar absolvieren will, steht zwischen ihr und dem kleinen Deutschen Sprachdiplom. Die Senatsbehörde Berlin teilte ihr im Sommer 2010 bereits aufmunternd mit: "Sobald Sie diesen letzten Nachweis eingereicht haben, steht einer Gleichstellung mit einer staatlich anerkannten Erzieherin nichts mehr im Weg."

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25 Kommentare

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  • Q
    Querulant

    Und die Politiker lachen sich wieder ins Feustchen, dass sich die Konfliktlinie wieder zwischen "Deutsche" und "Ausländer" entlang zieht... das lenkt von deren Unvermögen ab...

     

    Wann hört ihr endlich auf euch gegeneinander aufhetzen zu lassen???

  • LL
    Laura Lausini

    Was mich wundert: dass es hier ausschließlich um AUSLÄNDISCHE Abschlüsse geht. Ich kenne mehrere Geisteswissenschaftler, die von den Jobcentern nach kurzer Arbeitslosigkeit in Wachjobs gedrängt wurden - trotz eines guten Abschlusses und mit einem Stundenlohn zwischen 3,50-5,00 Euro. Einem Germanist wurde sogar von der Jobbetreuerin als erstes die Frage gestellt: "haben Sie Erfahrung mit Pförtnertätigkeiten"?

     

    Solche Phänomene wären doch auch mal einen Artikel wert. Und der angebliche Fachkräftemangel beschränkt sich bestenfalls auf die technischen und naturwissenschaftlichen Tätigkeiten, denn im Bereich Kultur und Soziales wurden auch im letzten Jahr munter Stellen abgebaut - wenn es überhaupt einen Fachkräftemangel gibt.

  • IK
    Im Konzern arbeitender

    Das Problem geht tiefer:

    In D. muss ein Bewerber 120% passen. Dazu muss er "ins Team passen", was oft als eine Umschreibung für versteckten Rassismus oder Altersdiskriminierung gewertet werden kann, trotz aller Diversityprogramme. Die Denkweise der Unternehemensberater (Minderleister und andere abwertende Ausdrücke...) hat sich in den deutschen Unternehmen wie ein Krebsgeschwür ausgebreitet. Da hilft auch die Anerkennung des Abschlusses nichts, da man auch mit Anerkennung keine Chance bekommt.

  • T
    Tamer

    Der Fachkräftemangel ist für mich ein Rätsel. Aber eventuell hat der Direktor des DIW in Berlin auch eine Studie unterdrückt, die besagt, dass es gar keinen Fachkräftemangel hier gibt. Es würde mich nicht wundern, wenn diese These zutreffend wäre.

     

    Ich kenne genug türkisch-kurdische Akademiker, die hier alle niedrigen Arbeiten machen / machen müssen. Was anderes bekommen die nicht. Selbständigkeit ist für einige von denen eher Pflicht, als Wunsch, so mancher Kiosk in Berlin, Hamburg oder Köln wird von Akademikern betrieben. Und manch Taxifahrer ...

     

    Nachdem ich aber lerne, dass wir Muslime Deutschland mit kleinen Kindern ruinieren, vermute ich mal, dass keiner von SPD oder Union sich traut, die akademischen Abschlüsse der Türkei aufzuwerten, das könnte ja widerlegen, dass die Muslime insgesamt dämmlich sind... Und wo war gerade noch Wahlkampf???

  • G
    Granado

    @Hubert

    Lesen hilft!

    Natalia Denk war Erzieherin,

    Irina Hermann war Deutschlehrerin.

    -----

    Dass die Fachkräftemangelklage verlogen ist, stimmt natürlich. Dass in Deutschland Papier mehr gilt als Erfahrung, ist festzustellen.

  • FB
    Franz Beer

    Mein Nachbar ist promovierter Physiker,Hat 20 jahre Berufserfahrung ,Ist voll integriert,Familie Kinder. seit 5 jahren in Deutschland. Seine Frau Beruf .Mathematikerin.Resüme. Nach 5 Jahren Deutschland.Zeitarbeit.Maler und Lackiererhelfer .Sie Zeitarbeit .Im Moment Aushilfe .Floristin.Die beiden Kinder.Abitur.Sie sind mit großen erwartungen nach Deutschland gekommen,Nachdem sie erfahren hatten das Sie in Deutschland nur als Ungelernte Kräfte arbeiten können.Resignation.Und der Gedanke nach den Niederlanden auszuwandern. Vollkommen verständlich.Armes Deutschland kann man nur sagen.

  • H
    hubert

    "und sie paukt seit vier Jahren Deutsch."

     

     

    War Natalia Denk nicht Deutschlehrerin?

    Mich würde in der Tat mal interessieren, wie gut diese Menschen tatsächlich qualifiziert sind.

     

    Übrigens: Der Plural von "Wachmann" ist "Wachleute".

  • F
    FAXENDICKE

    Lieber Reinhold SCHRAMM et.al.

     

    Habe ja noch die siebziger und achtziger als Arbeitnehmer und einfacher Facharbeiter erlebt. Da ging es einem gut mit Job, da gab es durchweg unbefristete Verträge mit Tariflohn, Auto, Miete, Urlaub und auch noch etwas sparen war wirklich kein Problem. Selbst Zeitarbeitsfirmen durchweg als SKLAVENHÄNDLER verschrien haben noch einigermaßen anständig gezahlt. Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe hat den bescheidenen auch noch ein gutes Leben garantiert.

    Und HEUTE???

    Die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen nimmt überhand, das schlimmste daran, Parteien jeglicher Couleur machen mit, selbst die Gewerkschaften labern bloß und setzen auf Besitzstandswahrung!!!

    Wann ENDLICH geht der fundamentale Ruck durch diese Gesellschaft? Nicht immer sagen da kann man ja nix machen.

    Stimmt nicht! Haben uns die ex DDRler bewiesen und zur Zeit die Nordafrikaner.

    Jeden Montag raus und rütteln bis die Reichen und Superreichen ins Schwitzen kommen und aufhören uns einfache und ehrliche Menschen auszulachen und als Sozialschmarotzer zu diffamieren. Die Bonzen sind die Schmarotzer!!!

  • K
    Kopfschuß

    Erst werden die deutschen Studienabschlüsse drastisch im Wert gemindert, um mittels Bachelor-Dreck und Master-Schrott den internationalen Gleichschritt zu vollziehen.

    Und jetzt sollen zusätzlich weitere Abschlüsse auf gleichem Niveau anerkannt werden.

     

    Einen deutschen Uni-Abschluß, für welchen man sich durch Abitur, NC und Uni schuften musste, kann man sich dann auch gleich über's Klo nageln.

    Denn der ist faktisch genauso viel wert, wie eine abgebrochene Hauptschule:

    Berechtigt zum Empfang von Sozialhilfe.

  • R
    Rick

    Warum müssen diese Abschlüsse offiziell anerkannt werden?

    Ob ein Ingenieur, ein IT-Experte was kann, lässt sich doch i.a. recht schnell feststellen.

     

    Ein paar Fachfragen, die in die Tiefe gehen und man kann schon gut abschätzen, ob eine® nun "nur" ein guter Schlosser oder ein Maschinenbauingenieur ist.

     

    Wenn Fachkräfte so händeringend gesucht werden, sollte es die meisten Firmen doch nicht interessieren, ob der Abschluss nun von irgendeiner Bundesdienststelle anerkannt ist.

     

    Eine staatliche Anerkennungsbehörde führt zu nichts.

  • K
    Kati

    Hüstel, hüstel, taz. Sie hätten auch erwähnen dürfen, dass letztes Jahr ca 17000 angebliche Fachkräfte einwanderten, jedoch angeblich 150000 (fast ausschließlich Deutsche!) Fachkräfte Deutschland verließen. Wieso wohl arbeiten deutsche Pflegekräfte, die hier angeblich fehlen, lieber in der Schweiz usw??

  • RS
    Reinhold Schramm

    Nach dem Ende meines befristeten Zeitvertrags im Martin-Gropius-Bau Berlin (untersteht der KBB GmbH) hatte ich ein ALG I. in Höhe von 982 Euro monatlich. Die Arbeitsagentur Tempelhof-Schöneberg Berlin bot mir ein ungefristetes Arbeitsverhältnis als (zweifacher Facharbeiter, plus) Tischlermeister und Projetleiter bei der "BITAN" in Tempelhof-Berlin für "1200 Euro" an. - Vor Ort erfuhr ich: Es gibt keinen Zuschlag von zusätzlich 500 Euro-Netto, - und es handelte sich um einen "1200 Euro" - Bruttolohn. Netto: - um 850 Euro für eine 38,5-Std.-Woche (weniger als 7,50-Euro-Std.-Brutto!) für die Betreuung von zehn Mitarbeitern und die Planung, Organisation und Durchführung von Projekt- und Instandsetzungsarbeiten an öffentlichen Einrichtungen (- hierbei sollten die Lohnkosten nicht berechnet werden)! - Auf meine Nachfrage hin, wegen der geringen Bezahlung (nur 42 Prozent vom Tarif), teilte mir die zuständige Mitarbeiterin der BA-Arbeitsagentur mit: "Sie können ja noch Aufstockung beantragen" (Hartz-IV). - Übrigens: Bei Arbeitslöhnen unter 10,40 Euro-Std. und bei einer 40-Std.Wo., liegt auch nach mehr als 40-Vollzeit-Arbeitsjahren die Altersrente bzw. Armutsrente unter der geringen gesetzlichen Grundsicherung von max. 670 Euro (monatlich)! / Nur mit einem Stundenlohn von 12 Euro aufwärts - nach mehr als 40 Arbeitsjahren - besteht die Möglichkeit über die geringe Grundsicherung hinaus zu kommen! Auch bei dieser geringen Rente - auf der Grundlage von 12-Euro-Std. (- nach mehr als 40 Arbeitsjahren in Vollzeit) - vermindert sich noch die geringe Altersrente um den Betrag der Kranken- und Pflegeversicherung.

    Anmerkung: Immer noch von der Privatisierungspolitik der Bundesregierung geleugnet: die Mehrheit der lohnabhängigen und auch qualifizierten Bevölkerung in Deutschland landet - bei Fortsetzung der menschenfeindlichen und unsozialen Gesellschaftspolitik - in der künftigen Altersarmut (- insbesondere die große Mehrheit der Frauen)!

  • F
    fragolina

    wundere mich als arbeitslose akademikerin darüber, wo die "fachkräfte" denn nun benötigt werden. ich kenne nur viele arbeitslose akademiker (in- und ausländer)

  • K
    karakoram

    Ich wollte mich gerade über diesen unreflektierten Schrott auf BILD-Niveau aufregen, aber das haben ja schon andere getan und auch argumentativ korrekt untermauert. Warum schreibt ihr so einen Mist? Lasst das bitte nicht zur Gewohnheit werden, liebe taz, sonst kann ich demnächst garnichts mehr lesen, ohne einen Blutsturz zu kriegen. Bisher wart ihr immer, um eine Band aus meinem Platteregal zu zitieren, "An island of reality in an ocean of diarrhea". Und nu? Globale Erwärmung oder wie? Die Insel versinkt im Ozean?

  • S
    schnabelbär

    "Jaul, jaul, o arger Fachkräftemangel!"

     

    Ich kann mich den Kommentaren von Faxendicke, Spartacus, Zyniker, Blödsinn und arribert nur anschließen: Alles Lüge! Und die taz läßt sich wie die meisten anderen Zeitungen willig vor diesen Karren spannen!

    Wenn Kleinstunternehmen nicht selbst ausbilden, ist das noch verständlich. Aber die größeren Wirtschaftsunternehmen wollen doch nur die BILLIGE Fachkraft, die am besten auch keine Widerworte wagt. Ausgebildet auf anderer Leute Kosten (entweder vom Gemeinwesen finanziert oder auf Kosten anderer Staaten oder haha, am besten auf eigene Kosten des ausgebeuteten Arbeitnehmers selbst; das ist smarte Kostensenkung!).

    Dabei gibt es im Lande nach wie vor massenweise gut ausgebildete Leute (auch Akademiker, ich weiß, wovon ich rede), die händeringend anständige (!) Arbeit suchen.

    Grrrr ....

  • F
    FreiDenker

    Alle Vorredner haben recht. Letztendlich werden nur Zeitarbeiter zu Hungerlöhnen gesucht.

     

    Vorschlag meinerseits:

    Arbeitsagentur komplett schließen, sind eh nur Angebote von Zeitarbeitsfirmen dort findbar. Spart enorm Geld für den Steuerzahler und macht ein wenig Druck auf die Politiker.

     

    Es lebe der gute (nicht mehr vorhandene) Kündigungsschutz in Deutschland, oder glaubt einer noch an das Politikermärchen vom Tollen Deutschen Kündigungsschutz.

  • W
    Westberliner

    Wie ich aus dem Bekanntenkreis erfuhr, wurden auch Zeugnisse, die in der DDR erworben wurden, nicht anerkannt. So geht also dieser Staat mit menschlichem Wissen um.

  • F
    FAXENDICKE

    Totaler Unsinn!!! Bei real ca. 5,5 Millionen Beziehern von ALG I und II sollten doch locker 500.000 Inländer mit anerkanntem Hochschulabschluß zu finden sein. Aber NEIN, die Wirtschaft brüllt nach Ausländern. Warum? Ganz einfach um Dumpinglöhne auch in qualifizierten Tätigkeiten duchzusetzen und gleichzeitig die Arbeitslosenzahlen künstlich, nicht nur als Streikbremse, hoch zu halten.

  • S
    Spartacus

    Eigentlich erwarte ich von der TAZ vor dem Hintergrund des D-Day im Mai eine Kampagne für einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn, und kein nachplappern des Märchens vom angeblichen Fachkräftemangel der Unternehmerverbände. Tatsache ist, in diesem Land besteht bereits eine Reserve-Armee von 4-8 Mio un- und unterbeschäftigten Menschen.

  • Z
    Zyniker

    Spitzenidee!

    Volkswirtschaftlich macht es dann Sinn, die Unis gleich auch mit dicht zu machen.

    Die kosten dann nämlich einfach nur noch Geld und produzieren nur noch mehr arbeitslose Akademiker!

     

    Ausländer werden in Scharen ins Land kommen und die Löhne ins Bodenlose fallen lassen. Glauben sie mal nicht, daß die Erzieherin aus dem Beispiel dann eingestellt werden würde - sicher nicht!

    Da 'draußen' stehen Hunderttausende, die dann genauso qualifiziert wären, und die den Job für einen Bruchteil des Gehalts machen!

     

    Die deutschen Schulabgänger gehen dann von der Schule direkt in Hartz IV über. Weil wer sollte dann noch ausbilden, wenn fix und fertig Ausgebildete zu hundertausenden für einen Bruchteil des Lohns nur darauf warten den Job zu übernehmen?

     

    Dafür müssen unsere Arbeitslosen dann weiterhin das ständige Gejammer vom angeblichen, chronischen Fachkräftemangel lesen, während sie auf hunderte von Bewerbungen nur Absagen erhalten und sich dabei gleichzeitig vorwerfen lassen, daß mit ihrem 'leistungslosen Wohlstand in der sozialen Hängenmatte' Mama Staat auf der Tasche liegen.

     

    Aber Hauptsache die Aktiengesellschaften können geringere Lohnkosten verbuchen, damit ihr Bilanzen besser dastehen, was ihren Aktienwert kurzfristig steigen lässt, was allgemein als Wirtschaftswachstum misverstanden wird.

     

    Und sinkende Löhne und höhere Arbeitslosenquote sind ja das Fundament einer gesunden Volkswirtschaft und eines stabilen Binnenmarktes.

     

    Aber was mach ich mir da nen Kopf drum?

    Diese Argumente hätten vor wenigen Monaten vielleicht noch jemanden interessiert.

    JETZT IST WIEDER WIRTSCHAFTSWACHSTUM!

    DA BRUMMT'S!

    Weiter so Deutschland!

  • GH
    Guido H

    Dass Vater Staat mit seinen 1000 Formblättern und Regelungen für jeden noch so seltenen Sonderfall nicht zeitgemäß auf diese Situation reagieren kann, war absehbar. Seltsam finde ich aber, dass auch Firmen trotz angeblichem Fachkräftemangel reihenweise auf die Dienste der Zugezogenen verzichtet. Für ein Unternehmen wäre es doch kein Problem einen russischen oder indischen Dipl-Ing einzustellen und auf Zettelwerk zu verzichten. Meine Erfahrung ist aber leider, dass sich Personaler kaum noch auf ihr eigenes Urteilsvermögen verlassen und statt dessen nur glauben, was auf dem Zeugnis steht und sich nachher wundern wenn sie nur stromlinieförmiger Karrieretypen im Unternhemn haben, die für Innovationen oder Fortschritt nur sehr bedingt zu gebrauchen sind.

  • N
    Natlya

    Nach meinem Abschluss als Erzieherin fand nur eine einzige Person von uns eine Teilzeitstelle. Obwohl an jeder Stelle sich Politiker hinstellen und sich wünschen, dass integrierte MigrantInnen im Bereich Erziehung arbeiten sollen. In der Realität muss man hier pur Deutsch sein oder fünf Zusatzqualifikationen haben, damit man eine Teilzeitstelle hat.

    Dann vergiftet man in der Mittagspause eine Kollegin und eine hat eine Full-Time-Stelle.

    Mal ehrlich: Der Fachkräftemangel ist ein politisches Manöver, um hier gezielt die Arbeitslosigkeit weiter auf eiem hohen Niveau zu behalten. Was die Firmen suchen ist einfach: Desintegriert, zwischen 22 und 28 Jahre, extrem harte Arbeiter, die noch keine Familie haben und sich nicht beschweren, weil sie sich nicht auskennen. Das sind die Facharbeiter, die sich die Firmen wünschen.

    Bei der Dummheit unserer Politiker werden sie die auch zu einem guten Teil bekommen. Aber viele von diesen Wundermenschen werden hier nicht lange bleiben und sich schnell um Visa für Kanada, USA, Australien oder Neu-Seeland bewerben.

    Aber das spielt ja keine Rolle, bis dahin hat man den Arbeitsmarkt weiter als einen Nachfragemarkt gehalten und darum geht es ja.

    Es spielt übrigens keine Rolle, ob man Rußlanddeutsch, Türkisch, Kasachisch, Peruanisch oder Serbisch ist. Man kann hier auch in zweiter oder dritter Generation sein - das ändert an den Chancen auf einen Job wenig.

    Und mit der Sarrazin-Debatte wird es noch schlechter werden. (oder es ist schon geworden)

    Wenn die Arbeitsämter jede offene Stelle mit ihren Datenbanken abgleichen würden und es ein Zwang gäbe, die von dort zu Erst besetzen, würde es keine Debatte mehr über Facharbeitermangel, Einwanderung von Spitzenkräften und gezielte Anwerbung mehr geben.

    Aber beim Arbeitsamt wird nur im Arbeitslosengeld I vermittelt, beim ALG II (Hartz) wird nicht vermittelt und nichts unternommen, um den türkischen Artzt, Soziologen, Veterinär, Krankenschwester oder was auch immer fit für eine adäquate Stelle zu machen. Und wenn der Artzt auf dem Bau oder an der Tankstelle arbeitet, wird nicht getan, um aus ihm eine qualifizierte Kraft für diesen Bereich zu machen.

    Früher hat Deutschland bis zu 300.000 DM in Russlanddeutsche investiert, heute erhalten die zwar mehr als andere Migranten, aber sie haben jetzt die gleiche Perspektivlosigkeit wie die anderen erhalten.

  • B
    Blödsinn

    Ich kann als Jobsuchender das Geschwätz vom Fachkräftemangel nicht mehr hören. Das braucht man um irgendwie weitere Einwanderung meist völlig ungebildeter Leute aus dem Orient weiterzubetreiben falls man Multikultianbeter ist oder um billige Leute zu bekommen falls man Arbeitgeber ist. Die Arbeitgeber möchten Leute die für weniger Geld arbeiten und in die nichts investiert werden muß. Eine Anzeige ohne gewünschte Berufserfahrung von 3-5 Jahren gibt es kaum. Eine ehrliche Anzeige in Deutschland würde so klingen: Suche jemanden der für 400Euro als Praktikant und dann nach 3-5Jahren als Angestellter mit 20 000Euro Jahresgehalt eine technisch-akademische Arbeitsanforderung XY völlig selbstständig erledigt und bereit ist dies als Scheinselbständiger zu tun.

  • A
    arribert

    In Deutschland werden keine Fachkräfte gesucht. Es werden billige und hoch spezialisierte Fachkräfte gesucht. Dass die taz diesen billigen Budenzauber mitmacht ist erschreckend. Die Ausländer, die mir herzlich willkommen sind, sollen nur als Lohndrücker genutzt werden, weil das mit der Zeitarbeit in Zukunft wohl nicht mehr so klappen wird.

    Zahlt vernünftige Löhne und investiert in Weiterbildung und Familienfreundlichkeit, dann bekommt ihr motivierte und gute Mitarbeiter.

  • T
    tomlong

    Ossis wurden übrigens auch wie Migranten betrachtet,viele Abschlüsse wurden ebenfalls abgewertet.

    Bei uns in der Firma arbeitet eine aus der Türkei stammende Lehrerin als Putzfrau.Deren aktiver deutscher Wortschatz beträgt ein Vielfaches von dem der meisten deutschen Hauptschüler.

    Aber unser Bildungswesen ist ja so toll, dass wir uns das leisten können.

     

    tomlong