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Archiv-Artikel

FRIEDRICH MERZ UND DIE SOZIALVERTRÄGLICHKEIT DER KOPFPAUSCHALE Noch kein Applaus für Seehofer!

Pssst – bloß keine Zustimmung für Horst Seehofer! Der Ex-Gesundheitsminister und Sozialexperte der CSU hat zwar vollkommen Recht: Natürlich verdient es der Unionsfraktionsvize Friedrich Merz, für seine Vorstellungen von Sozial- und Steuerpolitik gegeißelt zu werden. Und da ist Seehofers Vorwurf an Merz, Kopfprämie und Kindergelderhöhung und Steuererleichterungen und so weiter gehen finanziell gar nicht zusammen, nicht der schlechteste. 100 Milliarden Euro Kosten will Seehofer ausgerechnet haben.

Ob diese präzise Zahl stimmt, sei dahingestellt, macht aber nichts, solange auch alle anderen nur mit grob aufgerundeten Milliardenbeträgen jonglieren. In jedem Fall aber würde zu lauter Beifall von links Horst Seehofer nur schaden. Immerhin versucht der Mann, die Sozialpolitik der Union vor den Privatisierern um Merz und Merkel zu retten. Da darf man denen keine Gelegenheit geben, Seehofer zum Fremdkörper zu erklären und ihm damit die Unions-Salonfähigkeit zu entziehen.

Ob es aber Seehofer im Alleingang schafft, die Union von ihren Plänen zum Umbau der Krankenversicherung wegzuzerren, ist fraglich. Nicht immer bekommt er Rückendeckung von CSU-Chef Edmund Stoiber. Die Sozialpolitiker in der CDU sind entweder kaltgestellt – wie Ex-Sozialminister Norbert Blüm – oder an den Rand gedrängt, wie CDU-Arbeitnehmervertreter Hermann-Josef Arentz. Außerdem hat Seehofer schon sehr oft in großen Worten Prinzipien hochgehalten, um sie kurz darauf schlicht zu ignorieren. Er ist nicht berechenbar und will das auch nicht sein.

Nun hat die CSU ankündigt, sich noch vor dem kommenden Herbst – spätestens bis zu den Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen im Mai 2005 – mit der CDU auf eine gemeinsame Linie in der Sozialpolitik einigen zu wollen. Der Erfolg wird vor allem davon abhängen, ob die CDU ihre Kopfpauschalen sozialverträglich umrüsten kann. Einerseits sollen alle Versicherten den gleichen Beitrag zur Krankenversicherung zahlen. Andererseits sollen Geringverdiener dadurch nicht mehr belastet werden als jetzt. Wenn Seehofer es schafft, zu beweisen, warum das nie klappen wird, dürfen wieder alle klatschen. Laut. ULRIKE WINKELMANN