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Archiv-Artikel

FREUND TRITT AUF Dringend ins Bett

Es sei brillant gewesen, nur ausgehalten habe er es nicht mehr

Im Vorraum des Clubs kauern wir auf dem schäbigen Polstermöbel und bemühen uns, nicht einzunicken. Die Augenlider von B. flackern gefährlich. Zu schnell hatte er, der sonst nur grünen Zweiminutentee trinkt, das Mategetränk in sich hineingestürzt. Nach einem anstrengenden Arbeitstag hatten er und sein Kollege uns an der S-Bahn empfangen, große Becher Kaffee in den Händen. Der Kollege verließ uns nach zehn Minuten. Schuld war der Koffeinnachschub, der nur schwer zu organisieren war, ohne den wir aber schlapp zu machen fürchteten. In einem Kiosk kippten wir dann ein paar Energydrinks. Funktionieren tat das nicht.

Wir riechen nach Gummibärchen. Wir sind todmüde. K. versucht es mit Tequila (wegen der Zitrone), ich mit einem Mate-Mix. Großzügig eingeschenkt. Großzügig im Preis. Ein Blick in den Geldbeutel lässt mich zweifeln, ob ich noch bis zum Auftritt des alten Freundes und dessen Band durchhalten werde. Aber K. war deshalb extra angereist. Mittlerweile ist es drei. Leise erzählen wir uns Geschichten. 24 Stunden ohne Schlaf? Im Zeltlager 2008 kein Problem.

Als der Freund endlich auf die Bühne tritt, sind wir für kurze Zeit hellwach. Die Band ist großartig, er eine Rampensau. Er brüllt! Die Halsschlagader: so dick wie das Mikrokabel. Nach dem Konzert lobe ich ihn. Dann entschuldige ich uns zähneknirschend, wir müssten dringend ins Bett. „Das geht nicht“, sagt er. B. reagiert sofort. Er verschwindet, ohne sich zu verabschieden.

Es sei brillant gewesen, erläutert er ganz ausgeruht am nächsten Mittag. Nur ausgehalten habe er es nicht mehr. Statt nach Hause zu fahren, schlief er auf der Bürocouch ums Eck. Mit großen Worten lobt er unser Durchhaltevermögen, während ich K. und mir den dritten Kaffee besorge. Wir trinken ihn auf nüchternen Magen. Essen wäre einfach zu anstrengend gewesen.

SONJA VOGEL